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Die Heilige und die Hure

Mitarbeiterin Kommunikation
Magdalena Thiele
Magdalena Thiele
Rotlicht, Kerzenschein, Glockengeläut und ein leichter Hauch von Glühwein, der durch die Gassen wabert - Zürich ist bereit für die Adventszeit. Traditionell nicht nur die Zeit der Feste und Geschenke, sondern auch der (Nächsten-)Liebe, die so oft zu kurz kommt in dieser schnelllebigen Welt.
22. November 2024

ES SCHNEIT in Züri!!! Aber darüber will ich heute nicht schreiben, denn ein anderer Gedanke treibt mich um: Meinen Namenstag feiere ich am 22. Juli. An diesem Tag gedenkt die katholische Kirche der Heiligen Maria Magdalena, deren besonderen Namen ich tragen darf.

Dabei wusste ich ihn als Kind zunächst gar nicht richtig zu schätzen – zu kompliziert und lang, sodass er ohnehin immer abgekürzt wurde. Nie hat mich jemand in meinem privaten Umfeld oder in der Schule mit meinem vollen Namen Magdalena angesprochen.

Heute bin ich meinen Eltern sehr dankbar und stolz, den Namen einer so schillernden Persönlichkeit des Evangeliums zu tragen. Wer sie war, darüber gibt es verschiedene Meinungen und Erzählungen – von Heilige bis Hure. Eines steht fest: Sie war eine Frau, die Aufsehen erregt hat.

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Sie fragen sich eventuell, warum ich das an einem 22. November zum Thema im Newsletter mache. Der Grund scheint zunächst banal. Jeweils am zweiundzwanzigsten Tag eines Monats, auch heute, veranstalten katholische Theologinnen im Kanton Zürich Gottesdienste zu Ehren Marias von Magdala. Das Besondere daran: Die Feier findet nicht hinter, sondern in der Regel vor der Kirchentür statt. Damit wolle man ein Zeichen gegen Ausgrenzung setzen, die die kirchliche Lehre hervorbringe.

«Wir stehen dagegen (gemeint ist die angesprochene Ausgrenzung) auf und beschreiten eigene kirchliche Wege», heisst es auf der Website der Veranstalter.

Aber was genau hat das mit Maria Magdalena zu tun, einer zentralen Person des Evangeliums? Einer Frau, die Jesus nachgefolgt ist und die er auserwählt hat, um seine Botschaft zu verkünden? Eben diese Frau heute als Symbol der einer feministischen Bewegung zu bemühen, befremdet mich zutiefst. Gerade an ihr wird doch deutlich, dass in der Kirche schon jetzt Platz für alle ist – für Huren und Heilige.

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Apropos Rotlicht. Vielleicht mutet auch der Kirchturm Ihrer Heimatgemeinde seit knapp einer Woche unüblich rotstichig an. Noch bis Sonntag nehmen Kirchen weltweit an der Red Week teil. Der Verein Kirche in Not ruft dazu auf, Gebäude in Gedenken an 350 Millionen Christen, die unterdrückt und verfolgt werden, rot anzuleuchten.

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Ein rein lokales Gedenken fand am Donnerstagabend in der Zürcher Bäckeranlage statt. Organisiert von der Gassenkirche und dem Sozialwerk Pfarrer Sieber – Pfarrer Ernst Sieber machte sich bis zu seinem Tod 2018 über Jahrzehnte in Zürich einen Namen als Obdachlosenpfarrer – zündeten die versammelten rund 15 Personen eine Kerze für jeden Sieber-Gast an, der in den vergangenen zwei Jahren verstorben ist. 

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Fast 50 Kerzen standen schliesslich eingesunken im frisch gefallenen Schnee und tauchten die als «Problempark» bekannte Bäckeranlage in ein ungewohnt friedvolles besinnliches Licht.

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Pünktlich zum ersten Schneefall haben Zürichs Weihnachtsmärkte den Glühwein aufgewärmt. Und auch die Katholische Kirche mischt dieses Jahr mit. Am goldig-silber funkelnden Stand im Münsterhof geht es vordergründig um das Schenken und um Geschenke.

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Dahinter steckt aber viel mehr: Die glänzende Folie, mit der das Standbild gestaltet ist, ist Rettungsfolie. Hilfsorganisationen verwenden sie, um Menschen vor Kälte zu schützen – dazu später mehr. Jeden Abend, sieben Minuten nach sieben, wird eine Weihnachtsgeschichte erzählt (am Montag, 16.12., vom Bischof persönlich) und Musik gibt es neben den klassischen Weihnachtsmarktschlemmereien  auch noch. Das Markttreiben endet an Heilig Abend.

 

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Ein frühes Weihnachtsgeschenk macht sich in diesem Jahr die katholische Kirche St. Michael in Zumikon-Zollikerberg selbst. 500kg bringt die neue Bruder-Klaus-Glocke auf die Waage, ebenso gewaltig soll ihr Klang sein. Am vergangenen Sonntag war Bischof Joseph Maria

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Bonnemain selbst auf den Zumiker Dorfplatz gekommen, um das die neue Glocke im Beisein von mehreren Hundert Gästen zu weihen. Anschliessend wurde das gute Ding(Dong) – verzeihen Sie bitte diese kleine Albernheit, aber es bot sich zu sehr an – mit dem Traktor und einer feierlichen Prozession zur Kirche transportiert.

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Gewichtiges gibt es auch aus der Westschweiz zu vermelden: Wie am Freitag bekannt wurde, hat die Synode der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn hat Hunderttausende Franken locker gemacht für die Missbrauchsprävention.

Und das Geld geht an alte Zürcher Bekannte: Beauftragt wurde die im September von den ehemaligen Präventionsbeauftragten im Bistum Chur/Zürich, Karin Iten und Stefan Loppacher, in Zusammenarbeit mit Präventionsexpertin Ute Spiekermann gegründete unabhängige Fachstelle «MachtRaum». Was in Chur nicht mehr gebraucht wird, ist in Bern offenbar herzlich willkommen.

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Zum Schluss möchte ich noch einmal auf die Rettungsfolie zu sprechen kommen, die mangels legaler Einreisemöglichkeiten immer noch viel zu oft zum Retten anstatt zum Geschenkeverpacken verwendet werden muss.

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Gemeinsam mit den Global Solidarity Forums hat das Dikasterium für Kommunikation des Heiligen Stuhls das Projekt «Voices of Migrants» umgesetzt. Es erzählt die Geschichten von Menschen, die ihre Heimat verlassen haben und vom unermüdlichen Engagement katholischer Hilfsorganisationen, die sich dafür einsetzen, «dass alle Migranten weltweit so gut wie möglich willkommen geheissen, geschützt, gefördert und in eine neue Gesellschaft integriert werden.» Reinschauen lohnt sich ...

 ... auch hier (beides am Montagabend):

  • Am jenischen Kultur-Apéro stellen Christian Mehr und Buchautor Michael Herzig die Biografie «Landstrassenkind» vor. Das Buch steht exemplarisch für die Familienzerstörungen durch die Aktion «Kinder der Landstrasse».
  • Die Christlich jüdische Arbeitsgemeinschaft (CJA) im Kanton Zürich lädt zum einander Zuhören ein: Im Grossmünster erklingen jüdische und Palästinensische Stimmen zur Lage im Nahen Osten.

Damit verabschiede ich mich von Ihnen, mein zweites Gastspiel als Grüss-Gott-Zürich-Autorin endet mit diesen Zeilen ausgerechnet an einem zweiundzwanzigsten des Monats. Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit.

Ihre Magdalena Thiele

 

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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