Wider das Schweigen
Wenn Sie heute einem Mann mit Zipfelmütze oder Mitra begegnen, wissen Sie, wen Sie vor sich haben. Die Samichläuse sind sicherlich fleissig unterwegs. Da beklagen wir uns immer wieder über die Kirchenferne und die Austritte, dabei ist kirchliches Brauchtum im Alltagsleben immer noch sehr präsent, auch wenn seine Wurzeln den Menschen nicht unbedingt bewusst sind. Aber dazu können wir alle beitragen.
Die kirchlichen Hintergründe und die Ausführungen zum Ursprung des Heiligen Nikolaus von Myra erspare ich Ihnen hier. Verwechseln Sie ihn ja nicht mit dem Nikolaus von Flüe! Das schätzen Theologen und Theologinnen gar nicht. Aber dazu später.
Die Details zu den beiden können Sie googeln oder auf den kirchlichen Portalen nachlesen, die allerorts dazu Berichte publiziert haben. Das ist interessant zum Lesen, wenn Sie das nicht mehr präsent haben.
Vielmehr hoffe ich aber, sie können es sich bei der Lektüre dieses Newsletters ein wenig gemütlich machen mit Nüssli, Mandarinen, Grittibänzen. Denn es geht schon wieder viel zu hektisch zu und her in der eigentlich erhofften Besinnlichkeit der Adventszeit.
In der Kirche war wieder einiges los in dieser Woche. Beginnen wir mit Personalien. Die Kommunikationschefin der Schweizerischen Bischofskonferenz SBK, Julia Moreno, musste ihren Stuhl plötzlich räumen. Über die Gründe schweigt man sich aus. Wieder einmal. Dafür hat sich unser «Grüss Gott»-Chef Simon Spengler geäussert.
Ein Desaster mit Ansage gab es zum letzten Wochenende hin noch bei kath.ch. Chefredaktor Christian Maurer hat nach wenigen Monaten bereits das Handtuch geschmissen und das Medienzentrum verlassen. Wenn man sich umhört, herrscht überall grosse Ratlosigkeit…
Als neuer Präsident der SBK wurde Charles Morerod, - notabene als einzig möglich wählbarer Bischof - auserkoren. Erläuterungen dazu gab es von offizieller Seite nicht gross. Lesenswert dazu der Kommentar in der NZZ und im Pfarrblatt Bern.
Überraschend hat heute Bischof Morerod das Schreiben des Dikasteriums mit der Rüge aus Rom veröffentlicht wie das Pfarrblatt Bern berichtet und das die relevanten Passagen von Italienisch auf Deutsch übersetzt hat. Ein Schritt wider das Schweigen. Endlich.
Wir möchten auch nicht schweigen – und werden das auch weiterhin nicht, vor allem nicht in diesem Gefäss des «Grüss Gott»-Newsletters. Dazu ermuntern uns auch immer wieder die Leserinnen und Leser. Herzlichen Dank an dieser Stelle den vielen Zuschriften nach der letztwöchigen Ausgabe von Simon Spengler, die uns erreicht haben. Und wir nehmen selbstverständlich auch kritische Stimmen wahr.
Unsere neue Kampagne «Kirchensteuer wirkt» nimmt Fahrt auf. Damit möchten wir aufzeigen, dass jeder Franken Kirchensteuer gut investiertes Geld ist für das Gemeinwohl.
Denken Sie daran, Werbung zu machen für den heissen Draht zu unserem Bischof Joseph Bonnemain. Ermuntern Sie insbesondere auch Freunde, Bekannte und Kirchenferne am nächsten Dienstag, 10. Dezember, zwischen 12 und 19 Uhr die Telefonnummer 044 559 55 00 zu wählen.
Hier können Sie ihre Fragen, Anregungen und Kritik zur Katholischen Kirche anbringen. Auch Synodalratspräsident Raphael Meyer, Vizepräsidentin Vera Newec, Generalvikar Luis Varrandas und die Spitalseelsorge-Leiterin Sabine Zgraggen werden Anrufe entgegennehmen.
Beeindruckt bin ich immer noch vom «Tatort» vom letzten Sonntag mit dem Titel «Schweigen». Die Inszenierung und die schauspielerisch eindrücklichen Leistungen sitzen mir in den Knochen. Wer ihn verpasst hat, kann ihn via Play SRF sehen oder als Podcast hören.
Interessant auch die Interviews, die auf der ARD-Mediathek abrufbar sind, die zu der Entstehung des Films und der Beteiligung der Kirche Aufschluss geben. Ob es uns passt oder nicht: Das Thema Missbrauch wird uns noch viele Jahre weiter begleiten. Und wir müssen hinschauen und Unrecht verhindern.
Noch mehr beeindruckt bin ich von Priorin Irene Gassmann, die ja kürzlich auch den Ehrendoktortitel der Universität Freiburg i.Ue. verliehen bekommen hat. In einem Interview mit dem Einsiedler Anzeiger äusserst sie sich sehr dezidiert dazu, wo sie Handlungsbedarf bei der Katholischen Kirche sieht. Lesenswert!
Hörenswert auch der Postcast laut und leise mit Schwester Philippa Rath, die ich auch schon mehrfach in meinen Newslettern erwähnen durfte und für die ich grosse Sympathie hege.
Wenn Sie nicht auf den Weihnachtsmärkten unterwegs sind – unsere «Geschenkbox» auf dem Weihnachtsmarkt Münsterhof gibt es dabei auch – lassen Sie sich von Geschichten verführen. Dazu folgende Filmtipps, auch wenn ich selbst noch nicht alles sehen konnte. «Konklave» im Kino, «Maria» auf Netflix. Auch wenn einige Darstellungen umstritten sind: Es gibt Gesprächsstoff. Und die Gespräche sollten wir nicht verstummen lassen. Gerade auch mit Menschen, die sich von der Kirche entfernen.
Seit August gibt es ja auch die Synodalitätskommission bei der Schweizerischen Bischofskonferenz. Diese Woche kam ein Communiqué heraus zur ersten Synodalitätstag. Viele schöne Worte, wir möchten dann gerne auch mal Taten sehen. Wir bleiben dran.
Denn die Sehnsucht nach Spiritualität und Gottesbegegnungen ist in unseren Zeiten nach wie vor und sogar stärker vorhanden als auch schon. Sogar Tunnels werden immer noch gesegnet, letzthin erst der Lettentunnel für den Ausbau beim Stadelhofen. Aber wir müssen dafür sorgen, dass die Kirche wieder für die Menschen da ist und nicht umgekehrt.
Wichtiger als Tunnels sind aber die Menschen, unsere Mitmenschen. Eindrückliches Beispiel dafür ist das Engagement direkt bei den Menschen am Rande der Gesellschaft. In der Gassenkirche, in den Sozialwerken Pfarrer Sieber, bei Solidara und vielen anderen. Übrigens: Haben Sie noch ungebrauchte Schlafsäcke zu Hause herumliegen? Das Café Yucca nimmt sie gerne entgegen. Geldspenden sind ebenso willkommen. Haben Sie sich auch schon überlegt, jemanden an Weihnachten einzuladen, der oder die alleine ist? Wäre auch eine Überlegung wert, oder?
In der Sitzung des Kantonsrats anfangs Woche wurde das Wirken der Kirchen und Religionsgemeinschaften bei der Kenntnisnahme der Jahresbericht parteiübergreifend gewürdigt, auch wenn es einige wenige kritische Stimmen gab. Vorgängig hatte sich bereits Regierungsrat Mario Fehr in einem Beitrag geäussert («Unsere Kirchen sind jeden Franken wert»), was uns natürlich sehr gefreut hat.
Um im Advent ein wenig Besinnlichkeit zu erfahren, lohnt sich eventuell auch ein kleiner Abstecher ins Vorarlberg. In der Propstei St. Gerold wird von Freitagabend, 13. bis Sonntag, 15. Dezember eine Adventsbesinnung unter der Leitung von Martin Werlen angeboten. Vielleicht wäre das ja etwas für Sie? Ein Ausflug in die Propstei, einen besonderen Kraftort, kann immer empfohlen werden. Er will sich dort auch zum jüngsten Vorfall in den Einsiedler Gnadenkapelle äussern, wo ein Asylbewerber der Madonna die festlichen Kleider entriss. Er wird das auf seine ungewohnte und überraschende Weise tun. Man darf gespannt sein.
Phuuu. Beim Schreiben habe ich erst tatsächlich festgestellt, wie viel wieder passiert ist. Und das sind ja nur die Dinge, die in unserem beruflichen Umfeld stattgefunden beziehungsweise mir aufgefallen sind. Ich werde mich am Wochenende ebenfalls meiner Besinnlichkeit widmen und am Sonntagmorgen an die Uraufführung des Oratoriums zu Niklaus von Flüe im Grossmünster gehen. Wobei auch die Lektüre des Buches empfehlenswert ist und passend zum heutigen Tag.
Ich wünsche Ihnen von Herzen einen schönen Samichlaus mit lieben Chläusen und einen ruhigen zweiten Advent mit ihren Liebesten.
Herzlich
Sibylle Ratz
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
Sie können den Newsletter hier abonnieren
Ja, ich habe mir den letzten «Tatort» auch angeschaut und ich muss gestehen, dass mich nicht die schauspielerische Leistung, sondern das äusserst plakativ dargestellte Thema des Missbrauchs sehr betroffen machte. Vor allem der Schluss des Films, als der Gefehlte im Priesterkleid abgeführt wurde, fand ich unter jedem «Schweinehund». Das gleich Fehlverhalten hätte auch in einem reformierten Umfeld, in wahrscheinlich jeder Sportart oder auch im familiären Kreis abgehandelt werden können. Der Drehbuchschreiber fand es aber einmal mehr vonnöten, die katholische Kirche an den Pranger zu stellen. Meine Empfehlung ist es, den Beitrag als einseitig und schlecht recherchiert abzulehnen!
Im Weiteren führen Sie viele Hilfswerke, u. a. das Pfarrer Sieber-Hilfswerk, an, sicher alle mit guten Absichten, die sich in der Adventszeit um die Notleidenden kümmern. Unsere katholische Glaubensschwester, Schwester Ariane und den Verein Incontro, übergehen Sie gewollt oder noch schlimmer, aus Unkenntnis. Schwester Ariane verpflegt an 365 Tagen hinter dem Hotel 25 Hours, und bei jeder noch so misslichen Wetterlage, bis zu 400 Bedürftige mit Essenspakete, Kleider und Schuhe.
Sie sollten sich einmal in die Reihen der vielen freiwilligen Helfer des Vereins Incontro einreihen, um an einer Essensausgabe mitzuhelfen. Da könnten Sie mit eigenen Augen sehen, was Schwester Ariane mit ihrem Tun, das auf dem Vers 25 des Matthäus-Evangelium basiert, täglich für die Notleidenden leistet.
Im Übrigen empfehle ich Ihnen, die Veranstaltung vom 20. Januar 2025 im Centrum66 zu besuchen. Da können Sie Schwester Ariane und ihren Verein Incontro kennenlernen. Das wäre dann sicher einen Beitrag in Ihrem Forum wert.
Herzliche Grüsse
Walter Tessarolo, Synodale der Fraktion Albis
Danke, dass Sie sich Zeit für diesen ausführlichen Kommentar genommen haben. Der Film erzählt nun mal die Geschichte in einer katholischen Kirche. Der Tatort hat auch schon Verfehlungen in anderem Umfeld wie Sportvereinen usw. zu Genüge auch thematisiert. Das eine tun und das andere nicht lassen. Es steht der Kirche nicht gut an, auf andere zu zeigen, wenn die eigene Geschichte noch nicht gänzlich aufgearbeitet ist. Zuerst sollte gerade die Kirche mit ihrem hohen moralischen Anspruch, den sie an ihre Kirchenmitglieder und die Menschen im Allgemeinen stellt, diese auch selbst erfüllen. Alles andere schadet der Glaubwürdigkeit.
Schwester Ariane von Incontro ist mir durch aus bekannt und ich finde sie hat die letzten Jahre und insbesondere während Corona einen tollen Job gemacht - und mit ihr die zahlreichen Freiwilligen. Hier hat ja auch die Synode gerade letzte Woche in Anerkennung dessen einen namhaften Beitrag gesprochen. Und ja das Datum vom 20.1. ist vorgemerkt.
Herzliche Grüsse
Sibylle Ratz
Ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen!
Es war wie immer, eine Freude, Sie zu lesen.
Sehr herzliche Grüsse und eine freudvolle Adventszeit,
Andrea K. Kiefer-Meier, Zürich
Ich bin nicht sicher, ob ich Sie im Format des Newsletters von zhkath.ch noch erreiche!
Dennoch möchte ich es nicht unversucht lassen.
Ich verzichte auf den Inhalt Ihrer Stellungnahme einzugehen, da Frau Ratz Ihnen bereits geantwortet hat, vielmehr möchte ich auf die Art und Weise Ihres Schreibens verweisen.
Erlauben Sie mir festzustellen, dass ich es als fragwürdig empfinde, wenn im Schreiben ein „Frontalangriff“ auf die Verfasserin oder den Verfasser ausgeübt wird.
Jeder Newsletter gibt die „persönliche Meinung“ des jeweils Schreibenden wieder, so auch in diesem Fall.
Jede und jeder kann seine Gedanken und Überlegungen niederschreiben, aber bitte mit dem nötigen Anstand!
Mehr ist dazu nicht mehr zu schreiben.
Ich wünsche Ihnen eine lichtdurchflutete Vorweihnachtszeit und grüsse herzlich,
Andrea K. Kiefer-Meier, Zürich.
Kommentare anzeigen