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(Eti-)Ketten sprengen

Informationsbeauftragte, stellvertretende Bereichsleiterin
Sibylle Ratz
Sibylle Ratz
In unserem Alltag und in unseren Köpfen kann es helfen, Ereignissen, Gedanken, Menschen einzuordnen, ihnen ein «Etikett» überzustülpen, um eine gewisse Ordnung und Übersicht zu behalten. Aber braucht es immer wirklich immer ein solches «Etikett» oder ist es einfach nur bequem?
20. September 2024

Diskussionen gab es diese Woche zum Verein Solidara. Dieser setzt sich für benachteiligte Menschen in Zürich ein. Zum Angebot gehören das Café Yucca im Niederdorf, die beiden Isla Victoria Beratungsstellen in Zürich und Winterthur sowie die Passantenhilfe Yucca+ im Café Yucca. Wer in einer schwierigen Lebenssituation nicht mehr weiter weiss oder einfach jemanden zum Reden braucht, kann auf die offenen Türen und die professionelle Hilfe von Solidara Zürich zählen.

Das Team von Solidara Zürich geht auch aktiv auf die Menschen zu. So werden Hemmschwellen abgebaut und auch jene erreicht, die das Angebot nicht kennen oder von sich aus niemals Hilfe in Anspruch nehmen würden. Das Unterstützungsangebot steht allen offen – ungeachtet von Alter, Geschlecht, Nationalität oder Religionszugehörigkeit. Und genau das ist jetzt zum Streitpunkt geworden.

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Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA veröffentliche die Meldung, dass die reformierte Kirche, genauer gesagt die Kommission für Diakonie, Bildung und Kommunikation (DBK), einen Rückweisungsantrag der Sockelfinanzierung Solidara 2025-2028 ans Kirchenparlament gestellt hat.

Dies mit der Begründung, «vor einem erneuten Gesuch um Sockelfinanzierung muss sich der Verein wieder in einen christlichen Verein umwandeln.» Echt jetzt? Aus diesem Grund? Wie heisst es in der Bibel: «Was Ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan.»

Was gehört dazu, dass man sich mit dem «Etikett» christlich schmücken kann? Was ist schlimm daran, dass die Trägerschaft von Solidara in einem – gemeinsamen – Prozess mit den Kirchen in den letzten Jahren darauf hingearbeitet hat, die Projekte auch interreligiös zu öffnen? Hier dazu auch ein Bericht von ref.ch.

Bei der Hilfe wird sowieso nicht darauf geschaut, wer welche Hautfarbe, Nationalität, sexuelle Ausrichtung, geschweige denn Religion hat. Da geht es in erster Linie darum, einem Menschen zu helfen, der in Not ist. Ich bin gespannt auf die Diskussion im Kirchenparlament. Hier die Stellungnahme von Solidara.

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(Eti-)Ketten gesprengt hat die Christkatholische Kirche in Bezug auf die Tabuthemen der Katholischen Kirche. Jetzt ist Frank Bangeter, der in einer Beziehung mit seinem Partner lebt, achter Bischof der Christkatholischen Kirche der Schweiz. Kürzlich wurde er offiziell geweiht und ist jetzt «in Amt und Würden». Herzliche Gratulation und alles Gute für das neue Amt.

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Aktuell läuft wieder viel rund um Bruder Klaus; er, der die Ketten seiner Ehe mit Dorothee Wyss gesprengt hat. Der 25. September ist in Obwalden seit der Heiligsprechung von Niklaus von Flüe 1947 ein Feiertag.

Kurz davor, am Montag, 23. September, stellt Christoph Sigrist, der ehemalige Grossmünster Pfarrer, sein neues Buch «Den Frieden schauen» in der Paulus Akademie vor zur Geschichte von Bruder Klaus von Flüe (1417–1487). Dies in der Form eines fiktiven Briefwechsels zwischen einer der Töchter von Bruder Klaus mit dem Einsiedler Ulrich, der etliche Jahre im selben Tal lebte.

Dabei hat Sigrist zeitgenössische Dokumente eingearbeitet und aktuelle Bezüge deutlich gemacht. Denn einer der zentralen Inhalte des Wirkens von Bruder Klaus war der Friede Gottes auf Erden. In seinem Leben und Wirken entdeckt Christoph Sigrist eine faszinierende Spur für heute: Im Zweifel und im Einssein mit sich selbst und mit Gott kommt die Seele zur Schau des Friedens, der kraftvoll und mächtig in die Welt getragen sein will.

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Mit dem Frieden auf der Welt will es in den letzten Jahren nicht wirklich klappen. Statt Barrieren zu sprengen, fliegen Pager in die Luft, Bomben und Drohnen. Unvorstellbares Leid für alle involvierten, unschuldigen Menschen. Ist uns eigentlich bewusst, welch unendliches Privileg wir haben, in der Schweiz zu leben? Und doch sind wir gefangen in unserem Alltag, in unseren Vorurteilen, unseren vorgefassten Meinungen. Ich würde gerne «den Frieden schauen» und ihn auch erleben.

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Die Schweiz hat diese Woche einen neuen Rekord zu verzeichnen. Sie hat bei der Einwohnerzahl die 9-Millionen-Grenze gesprengt. Ja, es sind jetzt etwa doppelt so viele Menschen, die in der Schweiz leben, als wie ich noch zur Schule ging. Die Stadt Zürich ist bei rund 400'000, der Kanton Zürich bei 1,5 Millionen. Aber halten wir uns vor Augen: Es gibt auf der Welt rund 500 «Millionen-Städte». Dazu gehört unter anderem Berlin mit rund 3,6 Millionen Einwohnern. New York City ist mit 8,6 Millionen ein wenig unter der Schweizer Limite, Tokio mit 9.7 Millionen noch einiges darüber. Alles in EINER Stadt. Wir sind ein ganzes Land.

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Mehr Menschen bedeutet auch, dass unterschiedliche Glaubensrichtungen bei uns die Gesellschaft erweitern, bereichern, herausfordern – je nach Perspektive. Tatsache ist aber, dass ab diesem Samstag neu auf dem Friedhof Nordheim in Zürich eine buddhistische Grabstätte existiert, für alle diejenigen, die sich dem Buddhismus nahe fühlen. Dazu wird am Samstagmorgen eine kurze Zeremonie durchgeführt.

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Es sind neue Zeiten und neue Herausforderungen, die wir alle als Gesellschaft zu bewältigen haben. Genauso wie den Klimawandel. Dass dieser Realität ist: Da wollen wir doch nicht wirklich darüber diskutieren, wenn wir die Bilder in den Nachrichten über die verheerenden Überschwemmungen im östlichen Teil Europas, im Süden und gleichzeitig die Waldbrände in Portugal mitbekommen haben.

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Pater Martin Werlen, früherer Abt von Einsiedeln, heute Leiter der Propstei St. Gerold im Vorarlberg, äusserte sich in der Schweizer Illustrierten zu den aktuellen Katastrophen: «Ich hoffe, dass wir alle erwachen.» Er meinte, dass wir mit der Schöpfung nicht gut umgehen.

«Wir sind nicht bereit, unsere Verantwortung gegenüber der Schöpfung wahrzunehmen.» Trost findet er unter anderem in einem Gedicht der Benediktinerin Silja Walter. Darin heisst es in einer Strophe: «Ist hinter allen Dingen, die scheinbar nicht gelingen, doch Einer, der mich liebt?» Der Gedanke helfe ihm und motiviere ihn nicht aufzugeben.

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Bei der Katholischen Kirche im Kanton Zürich kümmert sich unser Projektleiter Nachhaltigkeit, Kevin Ischi, um das Thema Nachhaltigkeit. Gerade auch in der Schöpfungszeit zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober findet das speziell Beachtung. Am nächsten Mittwoch, 25. September, befasst sich beispielsweise die ökumenische Impulsveranstaltung mit dem nachhaltigen Miteinander zwischen Architektur und Umwelt.

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Eine Bereicherung unserer Kirche und unserer Gesellschaft zeigt sich auch am Beispiel des JC Newton Chors. Seinen Ursprung hat der ehemalige Kinderchor bei der Missione Italiana. Jetzt blickt er auf 20 Jahre zurück und aus den Kindern sind Jugendliche und junge Erwachsene geworden, die immer noch viel Freude daran haben, zusammen zu singen. Wir wünschen alles Gute zum Jubiläum und ein freudiges Fest am Samstagabend.

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Einen Schutzengel für die liebsten Haustiere wünschen sich viele Menschen. Hunde, Katzen, Meerschweinchen – alle Tiere sind Geschöpfe Gottes, sagt Pfarrer Fredi Böni. In der Pfarrei St. Gallus (Zürich-Schwamendingen) wird darum am Sonntag, 22. September, eine Tiersegnung begangen. Auch verstorbenen Haustieren wird dabei gedacht. Die Meinungen darüber mögen unterschiedlich sein. Tatsache ist, dass die Menschen einem anderen Geschöpf Liebe entgegenbringen.

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Mit der theoLOGE lädt die Paulus Akademie zum Gespräch mit Theologinnen und Theologen ein, die in akademischer Forschung und Lehre tätig sind. Am kommenden Donnerstag, 26. September, spricht Christian Rutishauser, Leiter des Instituts für jüdisch-christliche Forschung an der Universität Luzern, in der Paulus Akadamie über Judaistik. Seinem Verständnis nach gehört die Beziehung zum Judentum konstitutiv zu christlicher und kirchlicher Identität. Sie zu verdrängen, sei eine Quelle für christlichen Antijudaismus. Sie anzuerkennen eröffne hingegen Wege zu einem erneuerten und vertieften Christsein.

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Nicht zuletzt ist die Katholische Kirche selbst daran zu ringen, ob und welche Ketten sie sprengen will, um in die Zukunft zu gehen. Ein interessante Beitrag dazu über die Inputs im Vorfeld der nächsten Synodensitzung in Rom und ein Zwischenruf von Eva-Maria Faber sind auf feinschwarz zu lesen.

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Für das kommende Wochenende und die Tage darauf wünsche ich Ihnen konstruktiven Dialog mit Ihren Mitmenschen. Wenn wir die grossen Ereignisse aktuell nicht aktiv verändern können, so dürfen und sollen wir dies im Kleinen und mit einem ersten Schritt. Apropos: Stimmcouvert schon abgeben? Auch das ein kleiner Beitrag, um «Eti-»Ketten zu sprengen.

Herzlich
Sibylle Ratz

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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