Zusammen Leben
Welche unendlichen Möglichkeiten und interessanten Konstellationen das Universum ermöglicht, machte mir gestern ein emotionaler Vortrag von Pater Dr. Christopher Clohessy klar. Der aus Südafrika stammende katholische Priester beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Islam und hat sogar einen Doktortitel vom Päpstlichen Institut für Arabische und Islamische Studien in Rom inne.
Anhand der beiden Frauen Fatima und Zainab, die als Tochter und Enkelin des Propheten Mohammad eine wichtige Rolle im Islamischen Glauben inne haben, zeigte er auf, dass es letztendlich der Wert der Integrität, der völligen Ehrlichkeit gegenüber sich und anderen ist, die zu einem ethisch vertretbaren Leben führen.
Mit einem Enthusiasmus, der die wenigen Anwesenden mitriss und anregte, mehr über die Geschichte der beiden Frauen zu erfahren, machte er sichtbar, dass Fatima und Zainab aufgrund ihrer Integrität, die unabhängig von religiösen oder politischen Werten ist, sondern auf ureigenen menschlichen Werten beruht, auch heute noch Vorbilder für uns sein können.
Auch wir können immer einmal wieder innehalten und in uns hinein fühlen, ob wir stets nach unseren Werten handeln oder ob wir diese der Einfachheit halber, des lieben Friedens Willen oder aufgrund vieler anderer möglicher Umstände, missachten. Vielen Dank an die Organisation Lineh für diesen Impuls, der mich in nächster Zeit begleiten wird.
Nicht nur in kirchlichen Kreisen hat das Zusammenleben von Männern und Frauen noch oft Sprengkraft inne. Auch in zahlreichen anderen Bereichen, so zum Beispiel in den Zünften, herrscht noch immer eine Ungleichheit der Geschlechter, wie sich beim Sechseläuten am Montag in Zürich zeigte.
Zwar durften erstmals in der Geschichte des Sechseläuten Zunft-Töchter offiziell beim Umzug mitmarschieren, doch handelt es sich hier lediglich um ein Pilotprojekt und das auch nur von einer einzigen Zunft. Als historische Vorreiter erlaubt die «Zunft zur Meisen» – nach langer Diskussion – Frauen seit diesem Jahr das Mitlaufen am Umzug sowie die Teilnahme an Zunftanlässen, die bisher nur Männern vorbehalten war. Mitglieder der Zunft werden die Frauen jedoch trotzdem nicht.
Oft frage ich mich, warum wir auch heutzutage noch so ein Problem mit der Gleichberechtigung haben. Genau betrachtet sind wir doch alle einfach Menschen. Ist es die Angst der Männer, gewisse Privilegien zu verlieren oder bestimmte Domänen aufgeben zu müssen und somit keinen Ort mehr zu haben, an dem sie einfach Mann sein können? Doch was genau definiert eigentlich einen Mann? Wird es problematisch, wenn er auch einmal seine weibliche, verletzliche Seite zeigt? Und warum gilt eine Frau gleich als Kampfmaschine, wenn sie einmal bestimmt für ihre Meinung eintritt? Sind unsere aktuellen Rollenbilder trotz Fortschritt nicht immer noch stark von der Geschichte geprägt?
Dass trotz des internen Gleichstellungsproblems der Mensch an sich im Mittelpunkt unseres kirchlichen Handelns steht, sieht auch der Sozialvorsteher Zürichs, Raphael Golta. In einem Interview mit unserem Kollegen Simon Spengler für das Mitarbeitermagazin «Credo» hat er kürzlich betont, wie wichtig die Stimme der Kirche für die Gesellschaft und der Austausch der Regierung mit ihr ist:
«Kirche ist eine wichtige gesellschaftliche Stimme, die immer wieder anmahnt, dass wir es stets mit Menschen zu tun haben.»
Aber auch bei uns zeigt sich mittlerweile der Klimawandel mit seinen Folgen. Die Gletscher werden unleugbar immer kleiner. Trockene Sommer führen dazu, dass Brunnen abgestellt werden und Gärtner ihre Pflanzen nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt bewässern dürfen. Zudem gibt es auch «versteckte Wasserfresser»: Mit unserem Konsum von Kleidung und anderem im Ausland produzierten Waren, die in der Herstellung oft Unmengen Wasser benötigen, tragen wir ebenfalls zu Wasserknappheit bei. Wer also nur Wasser spart, jedoch sein Konsumverhalten nicht überdenkt, trägt nicht zur Lösung des Problems bei.
In der Paulus Akademie findet am Donnerstag, 4. Mai, ein Podium zum Thema statt. Hier wird aufgezeigt, welche Bedeutung Wasser für die Schweiz hat und wie wir dieses Elixier allen Lebens mithilfe neuer Technologien künftig ökologisch, ökonomisch und kulturell optimal nutzen können.
Wie das Zusammenleben mit künstlicher Intelligenz zukünftig aussehen wird, kann man kaum sagen. Fest steht jedoch, dass die Entwicklungen sehr schnell vorangehen. Es ist spannend zu sehen, was alles möglich ist. Aber es macht auch irgendwie Angst. Kann ich meinen Augen und Ohren überhaupt noch trauen?
Dass Bilder mittlerweile von KI-Programmen so real kreiert werden, dass auch für Fachleute kaum ersichtlich ist, ob sie echt sind, daran habe ich mich gewöhnt. Nun hat sogar ein bekannter Fotograf mit einem KI-Bild den ersten Preis beim weltbekannten Sony World Photography Award gewonnen. Er hat den Preis jedoch abgelehnt. Sein Anliegen war das Auslösen einer Debatte.
Richtig so. Wir müssen dringend Regeln und ethische Standards für die Zukunft mit KI erschaffen. Denn wenn bald jeder mit einfachen Mitteln wie der KI-Anwendung Vall-E meine Stimme mit nur drei Sekunden aufgezeichnetem Material imitieren kann, erfundenes Bildmaterial von mir in unschönen Szenen erstellen und jenste andere Dinge, die ich mir jetzt noch gar nicht vorstellen kann oder mag: In was für einer Welt leben wir dann?
Von der nicht allzu fernen Zukunft wieder zurück zur Gegenwart. Auch in den kommenden Tagen gibt es einige lohnenswerte Veranstaltungen:
- Bereits heute Abend kommt in der Paulus Akademie das Musik-Theater-Stück «Ich habe den Himmel gegessen» mit Texten der Dichternonne Silja Walter zur Aufführung. Beginn ist 19 Uhr.
- Am Samstag findet in der Alten Kirche Witikon der «FeierAbend Gottesdienst» statt. Katholische Seelsorgerinnen und Seelsorger laden jeweils einmal im Monat zur freien Gottesdienstform im Kanton Zürich ein. Beginn ist um 19 Uhr.
- Am kommenden Mittwoch wird in der Paulus Akademie der Dokumentarfilm «Evas y Marias» gezeigt. Im Film wird über das kirchliche Engagement von Frauen im mexikanischen Chiapas berichtet. Beginn ist um 18 Uhr.
Unser Newsletter geht wie die Zürcher Schülerinnen und Schüler in eine kurze Frühlingspause. Die nächste Ausgabe erscheint am 12. Mai.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Wonnemonat und verbleibe mit freundlichen Grüssen
Ihre
Saskia Richter
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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