Ein erstes Mal
Da ist er nun, der Zeitpunkt, an dem ich «Grüss Gott Zürich» sagen und schreiben soll… darf… möchte. Gleich in der ersten Arbeitswoche darüber zu schreiben, was mich bewegt und das bitte ausführlich, aber nicht zu lange. Das ist eine Herausforderung, wie das Arbeiten in und für die Kirche in diesen Wochen.
Am 4. Oktober startete die Weltsynode in Rom mit 450 Männern und 56 Frauen - ja, auch Frauen. Sie sind eingeladen, gleichberechtigt synodal über die Zukunft der Kirche zu diskutieren, Szenarien auszuarbeiten und den Papst in der Frage der Ausrichtung unserer Kirche zu beraten.
Als ich die leeren Tische sah, kam mir die Methode «World Café» in den Sinn. Werden die Bischöfe, die Laienvertreterinnen und Laienvertreter den Tisch und die Gruppe auch regelmässig wechseln, wie es die Methode eigentlich vorsieht? Nur so lernen sich alle besser kennen, können Ideen kreativ weiterentwickeln und es kommt zu Resultaten. Meine Vermutung ist, dass das kaum so sein wird. Die Plätze sind zugeteilt, wie ein anderes Foto zeigt. Und an jedem Tisch nimmt auch eine Frau Platz. Ob als «Quotenfrau» oder um in jeder Gruppe auch die Meinung und Haltung der anderen Hälfte der Gläubigen einzubringen, vermag man noch nicht zu sagen.
Mit der Weltsynode sind auf allen Seiten viele Hoffnungen verbunden. Reformiert sich die Kirche oder stärkt sie die momentane Lehre? Von dieser Frage hängt auch für die Schweiz sehr viel ab.
Nächste Woche werden wir aus dem «DACHS-Bau» (Deutschland / Österreich / Schweiz / Südtirol) berichten. Im DACHS-Bau vernetzen die Jugendverbände Jugendliche mit Synodenteilnehmenden. Besonders spannend für uns, dass vom 12. bis zum 16. Oktober auch drei Jugendliche aus Zürich im DACHS-Bau sind.
Im Vorfeld der Synode hat Papst Franziskus, die Dubia von fünf Kardinälen beantwortet. Dabei reagierte er auf die Fragen in gewohnt erklärend pastoraler Art und stellt den Menschen in die Mitte. Die Analyse des emeritierten Weihbischofs Marian Eleganti, «dass Jesus sagt: unser Ja ein Ja sein soll und unser Nein ein Nein. Und dass alles, was darüber hinausgeht, vom Bösen stammt», zeigt sehr gut die beiden Lager an der Weltsynode.
Persönlich überzeugt mich der Papst mit seiner erklärenden Art. Ein einfaches Ja oder Nein und sei es auch von einem Jesuswort abgeleitet, greift heute nicht mehr. Die Welt und auch die Kirche sind viel komplexer geworden. Und unter anderem wegen dieser «Es ist so, Punkt!»-Antworten sind wir auch in die Missbrauchskrise gerutscht.
Kein Tag ohne News aus der Missbrauchsfront. Offene Briefe, zurückgehaltenes Geld, Forderungen aus der Basis. Es tut sich was. Die Studie hat am Fundament gerüttelt und das Schweigen, das es zu lange gegeben hat, durchbrochen. Das Thema wird auch auf der Kanzel und auf der Strasse direkt angesprochen, wie auch in einem Beitrag der Rundschau zu sehen ist. Erstaunlich, dass es in aller Regel anständig zu- und hergeht, auch wenn an einer Gewerbeausstellung, an der die Kirche Selfiefotos unter dem Motto: «be real, not perfect» angeboten hat, sich ein Herr lautstark darüber aufgeregt hat, dass man hier das Fotoalbum für den Bischof erweitert. Solchen deplatzierten Aussagen können wir nur entgegenwirken, wenn schnell die ersten Schritte gemacht werden.
Das wir uns schnell auf den Weg machen müssen, sagt auch die Religionsministerin Jacqueline Fehr in ihrem Blog. Und stellt fest, wie wichtig die Kirche für die Menschen ist.
Inzwischen kennen wir auch die ersten Zahlen der Kirchenaustritte nach der Veröffentlichung der Studie - keine Überraschung, dass sie hoch sind. Von Zürich werden wir sie bald auch hören. Im Kanton Zug waren es 251. Ein Vielfaches des «Normalen». Dass die Geburtenrate im Kanton Zürich massiv sinkt, wie der Tagesanzeiger am Mittwoch schreibt, hilft auch nicht dabei, ein rosiges Bild der Mitgliederzahlen für die Zukunft zu schreiben.
Ein Thema, das in der Weltsynode eine Rolle spielen wird, ist die Sexualmoral der Kirche; die Lebensformen der Menschen, die sich schon länger nicht mehr mit der Vorstellung der Katholischen Kirche decken. Diesem Thema ist die Ausstellung «Gut. Katholisch. Queer. Für eine Kirche ohne Angst» gewidmet. Sie wird vom 6. bis 20. Oktober in der Paulus Akademie gezeigt. An der Podiumsdiskussion der Vernissage wird auch Stefan Loppacher als Präventionsverantwortlicher des Bistums Chur teilnehmen. Man darf gespannt sein, welche Schlussfolgerungen er ziehen wird.
(Un)Passend dazu wurde in dieser Woche die Queer-Bibel, die in der Peterskapelle in Luzern aufliegt, Opfer eines Vandalenakts. Meinrad Furrer, der auch in Zürich bekannt ist, zeigt sich entsetzt, stellt die Bibel und das Bekennerschreiben als Diskussionsbeitrag aber weiter offen aus.
Eine Auszeichnung für ihren Film, der hineinzieht und theatralische Heldinnenreise, Maskenspiel, Dokumentation und Symbolik verbindet, bekam am Donnerstagabend Jacqueline Brutsche für ihren Film «Las Toreras». Der Film hat so überzeugt, dass die Jury «noch beim Kaffee, bevor die Sitzung eigentlich begann, einstimmig dafür war.» Wie es in der Laudatio heisst. Die Filmpreisverleihung der Zürcher Kirchen, war mit den vielen geladenen Gästen ein voller Erfolg. Und vielleicht taucht noch ein Video von Pedro Lenz auf, wie er seine Rede über die Rolle der Preise für die Kunstschaffenden hielt. Kein Vergleich zu «Las Toreras», aber auch sehens- und hörenswert.
Mit «Laudate Deum» wurde am 4. Oktober ein «apostolisches Mahnschreiben an alle Menschen guten Willens» zur Klimakrise veröffentlicht. Nach Laudato Si‘ das zweite Schreiben in dem Papst Franziskus seine Besorgnis über den Raubbau an der Natur zum Ausdruck bringt: «Wie sehr man auch versuchen mag, sie zu leugnen, zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor.»
Und er stellt sich auch gegen die Skeptiker der Klimakrise in und ausserhalb der Kirche: «Ich sehe mich gezwungen, diese Klarstellungen, die offenkundig erscheinen mögen, aufgrund bestimmter abschätziger und wenig vernünftiger Meinungen vorzunehmen, die ich selbst innerhalb der katholischen Kirche vorfinde», schreibt er auch im Hinblick auf die Reaktionen auf Laudato Si' im Jahre 2015.
«Laudate Deum» soll uns allen auch eine Mahnung sein, wenn wir morgen, nächste Woche oder im Winter unsere Ferien antreten. Welchen ökologischen Fussabdruck möchten wir dabei hinterlassen?
Keinen ökologischen Fussabdruck hinterlässt Grüss Gott Zürich, wenn es in die Ferien geht. Den nächsten Newsletter gibt es wieder nach den Herbstferien.
Für mein «erstes Mal» durfte ich über Hochs und Tiefs schreiben. Und auch wenn der Glauben daran nicht immer einfach ist, freue ich mich vor allem auf die Berichte von der Weltsynode. Es tut unserer Kirche gut, wenn sie mit sich ringen muss, wie sie sich in den nächsten Jahren aufstellt, welche Schwerpunkte sie setzt und damit für die Menschen da sein kann.
Herzliche Grüsse
Thomas Boutellier
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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