Schlagabtausch
Liebe, Gemeinschaft, Solidarität – das sind für mich die eigentlichen Assoziationen, die ich mit Kirche verbinde. Kirche, das sind für mich als ehemalige Pfadfinderin, Menschen, egal welcher Couleur, welchen Geschlechts, welchen Hintergrundes, die eine gemeinsame Vision haben und sich zusammen auf den Weg machen, um in ihrem näheren und weiteren Umfeld Gutes zu tun. Menschen, die sich für eine bessere Gesellschaft engagieren, im Kleinen, wie im Grossen.
Ein langer oft steiniger Weg wird morgen zu Ende gehen. Seit gestern begegnen sich deutsche Bischöfe und Laien auf der fünften und letzten Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt. Im Dezember 2019 hat der Reformprozess unter dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, begonnen. Seitdem kam es in den verschiedenen Sitzungen zwischen traditionalistischen Hardlinern und zukunftsorientierten Reformern immer wieder zum Schlagabtausch. Ein Vorankommen schien schwierig, es herrschte Verbissenheit auf der einen Seite, auf der anderen war immer wieder grosse Enttäuschung zu spüren.
Gestern standen vier wichtige Papiere zur Abstimmung durch die deutschen Bischöfe auf der Agenda, die von den Laien nahezu einstimmig befürwortet wurden:
- Frauen sollen predigen dürfen
- Homosexuelle Paare sollen den kirchlichen Segen erhalten dürfen
- Rom soll die Weihe von Diakoninnen ermöglichen
- Die Verpflichtende Ehelosigkeit für Priester soll geprüft werden
Der Handlungstext «Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung» wurde von einer Mehrheit von knapp 95 Prozent der Bischöfe angenommen. Nun liegt es am Papst, das Pflichtzölibat zu prüfen.
Ob der Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Der Synodale Rat - ein bundesweites kirchliches Leitungsgremium, in dem Bischöfe und Laien gemeinsam relevante Fragen diskutieren und Entscheidungen treffen sollen – hat zumindest bereits ein Abfurh aus Rom erhalten. Dennoch steht morgen mit der Wahl von 20 Mitgliedern des «Synodalen Ausschusses», der die Aufgabe hat den «Synodalen Rat» zu konzipieren und einzurichten, ein weiterer wichtiger Test an. Aus der Schweiz erhält der Synodale Weg laut Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkommitees der deutschen Katholiken, Zustimmung
Nochmal zurück zu meiner Tischtennisanalogie aus der Einleitung. Mir scheint, dass wir mit der Variante Rundlauf oder Wand-ab Ping Pong so viel Energie investieren, dass keine Kraft mehr übrigbleibt für die Idee des Spiels. Soll heissen, wir müssen mittlerweile soviel Kraft für Strukturen aufwenden, dass Zeit und Energie für die Ausführung und Umsetzung fehlen. Vielen wird es einfach zu viel und sie kehren dem Spiel den Rücken, sprich: der Kirche. Kein Wunder, denn wer möchte sich schon dauerhaft einem Umfeld von Angst, Wut, Hass und Resignation aussetzen?!
Um den Synodalen Weg geht es auch im aktuellen Dokumentarfilm der Zürcher Filmemacherin Henriette Bornkamm. In der 45-minutigen Reportage stellt die Pfarrerstochter Bornkamm den Prozess aus Sicht dreier ganz unterschiedlicher Frauen dar.
Obschon die Weltpremiere am Dienstag in der Paulusakademie stattfand, habe ich mir den Film «Die katholische Krise und die Frauen» bereits am Montag in der Mediathek der ARD ansehen können. Sehr beeindruckt hat mich vor allem die Benediktinerin Philippa Rath. Obwohl sie der katholischen Kirche kritisch gegenübersteht und sich sehr für die Reform engagiert, lässt sie sich nicht aus dieser vertreiben, sondern kämpft weiter engagiert für den Fortschritt. Ich bewundere ihr Vertrauen mit dem sie am Ende des Filmes sagt: «Ich bin sicher, ich erlebe es noch. In 10 bis 20 Jahren, dann werden die ersten Frauen geweiht. Da bin ich sicher!»
Ein besonderer Tag für alle Frauen war der Internationale Weltfrauentag, am Mittwoch, 8. März. Ein wichtiger Tag, um daran zu erinnern, dass wir zwar in unseren Breiten bereits grosse Schritte in Richtung Gleichberechtigung gegangen, aber dennoch nicht am Ziel der vollständigen Gleichstellung angekommen sind.
«Blumen sind schön, aber gleiche Rechte, gleicher Lohn und gleiche Verteilung von Care-Arbeit noch viel mehr!»
Dieses Statement inkludierte der Schweizerische Katholische Frauenbund in seinen Glückwünschen in den sozialen Medien. Ein guter Zug, wie ich finde. Denn es ist zwar schön, einmal im Jahr von allen Seiten beglückwünscht zu werden. Aber es bringt herzlich wenig, wenn es nur bei Dank, Anerkennung und Blumen bleibt. Es braucht das aktive Handeln, damit z.B. die Schweiz im «Women in Work Index» nicht mehr nur auf Platz 20 steht, dass nach der Geburt eines Kindes nicht automatisch die Mutter daheim bleibt und vieles mehr.
Eine interessante Ausstellung zum Thema Gleichstellung findet gerade im Hauptbahnhof in Zürich statt. Gestern sind mir die Skulpturen der rund 30 Schweizer Künstler erstmals in der Bahnhofshalle aufgefallen. Alle Figuren haben den gleichen Torso, sind jedoch ganz unterschiedlich gestaltet und erzählen jeweils eine andere Geschichte zum Thema Gleichstellung.
Die Ausstellung hat Advance, der Wirtschaftsverband für Gleichstellung in der Schweiz, zu seinem 10-jährigen Jubiläum konzipiert. Sie ist noch bis zum 22. März im Zürcher Hauptbahnhof zu sehen.
«Where focus goes, energy flows». Das heisst so viel wie: Worauf du deinen Fokus richtest, dort geht deine Energie hin. Deshalb möchte ich den Fokus am Schluss des Newsletters nochmals auf ein positives Thema richten, die Nachhaltigkeit. In der kommenden Woche findet in den fünf Zürcher Hochschulen ETH, UZH, ZHdK, ZHAW und PHZH die Nachhaltigkeitswoche statt.
Auch das aki, die Katholische Hochschulgemeinde Zürich, beteiligt sich mit einigen Events an der Aktion, die den Studierenden Nachhaltigkeit näherbringen will. Das schöne dabei ist meiner Meinung nach, dass nachhaltiges Handeln keinen grossen Aufwand bedeutet und auch kleine Verhaltensanpassungen, die jeder und jede im eigenen Alltag umsetzen kann, schon viel bewirken.
So zeigt das Food Save Zmittag, wie auch aus Resten, die sonst in der Mülltonne gelandet wären, noch ein feines Essen bereitet werden kann.
Am Dienstag, 14. März, um 19 Uhr findet an der Universität Zürich ein Vortrag zum Thema Spiritualität und Nachhaltigkeit am Beispiel des Islam statt, der aufzeigt, wo die islamische Tradition Anknüpfungspunkte für nachhaltiges Handeln zeigt.
Am Donnerstag, 16. März, sind alle, die gern tauschen oder die etwas reparieren statt wegwerfen möchten, von 12 bis 16 Uhr zum Repair Cafe und Tauschbörse im aki Garten eingeladen. Wer seine Schrankhüter loswerden will und sich dafür gratis mit neuen Sachen ausstaffieren will, kann seine Sachen bereits am kommenden Montag im aki vorbeibringen.
Ich persönlich bin Fan von Secondhand-Läden und Tauschbörsen und kaufe meine Kleider in den letzten Jahren vermehrt aus zweiter Hand, um so hoffentlich meinen Fussabdruck in der Produktion von Kleidung und Konsumgütern zu verringern. Gleich morgen bin ich beispielsweise auf dem Vintage Kilo Sale in Zürich anzutreffen.
In diesem Sinne verabschiede ich mich und wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.
Ihre
Saskia Richter
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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