Ist Gott intelligent?
Die Antwort ist ziemlich cool, finde ich, und ich hätte sie nicht in dieser Qualität erwartet. Christinnen und Christen, Gläubige anderer Religionsgemeinschaften glauben an Gott. Ist das intelligent? Ich weiss es nicht. Ist Gott intelligent? Wenn man sich auf der Welt umschaut und sieht, dass der Bedarf an humanitärer Nothilfe so gross ist wie nie, nicht nur in der Ukraine, könnten Zweifel aufkommen. Aber ist Gott dafür verantwortlich? Oder sind es nicht doch wir Menschen, die wir uns oft alles andere als intelligent verhalten?
Ich habe den Chatbot noch nicht gefragt, was er von Kriegen hält. Aber ich gehe mal davon aus, dass er das sowohl aus menschlicher, ökonomischer wie auch ökologischer Sicht für Unsinn hält. Ich werde es noch ausprobieren.
Ist es intelligent, sich mit KI zu befassen? Zweifellos wird die Wissenschaft Anwendungsbereiche finden, in denen KI-Anwendungen präziser und genauer arbeiten können als Menschen. Aber ist es schlau, dass diese Erfindungen, wie auch Metaverse/Facebook und andere Techfirmen in privater Hand sind? Die Algorithmen dieser – für mich nicht mehr nachvollziehbaren – technischen Universen sind beim besten Willen nicht neutral, so sehr sie es auch versuchen.
Eine Kontrolle ist nur in sehr geringem Masse vorhanden. Da werden in unvorstellbaren Mengen Daten gesammelt. Und auch der Chatbot wird von Menschen mit ihren vorgefassten Meinungen darüber was gut und schlecht ist, gefüttert. So faszinierend die neue Technologie ist: Sie ist nur so gut und nützlich wie die Menschen dahinter, die sie entwickeln. Blick-Kolumnistin Noa Dibbasey hat einen lesenswerten Kommentar «Künstliche Intelligenz macht grossen Busen» dazu geschrieben.
Kommen wir zur menschlichen Intelligenz. Raphael Rauch findet auf kath.ch klare Worte dazu, dass Erzbischof Wolfgang Haas den traditionellen Gottesdienst zur Eröffnung der Liechtensteinischen Landtagssession absagt, weil er gegen die «Ehe für alle ist», über die anschliessend im Landtag beraten wird: «Wolfgang Haas betreibt spirituelle Erpressung».
Die Schäfchen spuren nicht, deshalb werden sie abgestraft. Ist das intelligent von einem Kirchenführer? Menschliche Intelligenz kann versagen. Was hätte wohl der Chatbot dem Erzbischof geraten, wenn er ihn vorher dazu befragt hätte? Auf eine Idee wäre er garantiert nicht gekommen: Die Liechtensteiner zum Gottesdienst nach Zürich einzuladen. Für diesen Geistesblitz brauchte es schon Synodalrat Martin Stewen.
Damit sind wir bei der emotionalen Intelligenz angelangt. Es ist wohl auch nicht der Sinn unseres Lebens, dass wir bei jeder Gelegenheit eine KI (Alexa, Siri und wie sie alle heissen, lassen grüssen) über die nächsten Schritte in unserem Leben befragen. Dazu sollten wir nach wie vor zuerst unser Herz und unsere Seele befragen und sie auch entsprechend pflegen.
Ich habe das für mein Wohlbefinden diese Woche bei einem wunderbaren Konzert im «jenseits im Viadukt» bei einem Hang-Gitarren-Konzert tun können. «Hang» kommt vom Berndeutschen, bedeutet «Hand» und ist eine Art Blechtrommel mit sehr wohltuenden Klängen. Es war entspannend, spirituell und seelisch bereichernd. Solche Momente brauchen wir in unserem Leben immer wieder, gerade auch in der Advents- und Weihnachtszeit.
Weihnachten steht ja in wenigen Tagen an. Was an Weihnachten geschehen ist und warum wir dieses Fest feiern, wissen zwar die meisten noch knapp, auch wenn der Kaufrausch davor bei manchen die Sinne benebeln mag und für Stress sorgt. Das Wissen um dieses Fest nimmt aber deutlich ab. Ein deutsches Magazin hat festgestellt, dass christliche Feste zu den häufigsten Google-Anfragen gehören, sprich: deren Bedeutung offenbar nicht mehr im Bewusstsein ist.
Dass wir trotz aller Krisen intelligente Wesen sind (oder sein können), beschreibt mein Kollege Kevin Ischi in seinem Blog über Nachhaltigkeit. Er hält darin fest, dass «jeder Gedanke unser Gehirn verändert». Eine andere Welt ist möglich, wenn wir unsere Vorstellungskraft und unsere Hoffnungen mobilisieren und manifestieren. Das, behaupte ich, kann die KI doch noch nicht. Veränderungen sind möglich, im Kleinen, wie im Grossen. Wenn wir es wirklich wollen: sowohl in unserer Gesellschaft wie auch in der katholischen Kirche.
Apropos Gesellschaft und Kirche: In einer Stellungnahme von Avenir Suisse und in einem Leserbrief war diese Woche die Kirchensteuer Thema. Ist es noch sinnvoll, dass juristische Personen Kirchensteuer bezahlen? Leserin Iva Boutellier aus Luzern findet «Ja» und empfiehlt Avenir Suisse die Lektüre der kirchlichen Jahresberichte.
Letzteres hat der Zürcher Kantonsrat im Dezember gemacht. Klar war den Politikerinnen und Politikern auch: Ohne Kirchensteuern der juristischen Personen käme es entweder zu einem Sozialabbau oder der Staat müsste viele der Aufgaben im Jugend-, Sozial- und Seniorenbereich übernehmen. Was ist hier die intelligenteste Lösung?
722’000 Personen leben in der Schweiz in Armut, das ist ungefähr jede 12. Person. Mit der Aktion «Eine Million Sterne» macht Caritas am Samstag auf die Lebensbedingungen von Armutsbetroffenen in der Schweiz aufmerksam. Als leuchtendes Zeichen der Solidarität werden an fast 100 Orten in der ganzen Schweiz Kerzeninstallationen entzündet.
Eine davon ist am Samstagabend beim «jenseits im Viadukt» bei der Josefswiese in Zürich, wo es auch noch Musik und Unterhaltung gibt. Am gleichen Tag darf Caritas auch mit Unterstützung von zahlreichen Firmen, Stiftungen und Privatpersonen 1800 Weihnachtswünsche von Kindern aus finanziell benachteiligten Familien erfüllen. Ist das intelligent? Ja, absolut. Wir sind nur so stark, wie die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Das innere Licht und Wärme weitergeben, das kann noch keine KI.
Gott hat uns mit einem freien Willen ausgestattet. Ob das intelligent ist? Ist auf alle Fälle eine Tatsache. Diesen Willen gilt es sinnvoll zu nutzen. Geben wir das Licht und die Wärme von Weihnachten weiter an unsere Nächsten und an die Menschen, denen wir in diesen Tagen begegnen. Das ist unsere Aufgabe. Gott ist Liebe; Liebe für alle.
Ich wünsche Ihnen eine wunderbare Adventszeit, in der Sie sich Sorge tragen, und einen entspannten vierten Adventssonntag. Und unseren Glaubensbrüdern und -schwestern der jüdischen Gemeinschaft frohe und friedliche Chanukka-Tage, die am Wochenende beginnen.
Herzlich
Sibylle Ratz
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
Ich freue mich auf das nächste Mal, Ihre
Edith Bucher
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