Prall gefüllltes Osternest
Was aber hat die Biene mit Ostern zu tun? Eine ganze Menge! Schliesslich steht sie im Zentrum des wunderschönen Osterhymnus, dem „Exsultet“, welches in der Osternacht zum Lob der Kerze gesungen wird: „nimm an, Heiliger Vater, das Abendopfer dieser brennenden Kerze, die aus dem Wachs der Bienen bereitet ist... Jetzt können wir wirklich das Lob dieser Kerze verkünden, auf der zur Ehre Gottes die leuchtende Flamme brennt.“
Ich brummle jeweils leise diese Strophe inbrünstig mit. Dieses Jahr wird sie mir fehlen, weshalb ich mich selbst schon fragte, ob man Ostern nicht einfach verschieben könne auf die Nach-Corona-Zeit. Ich habe mich eines Besseren belehren lassen, doch dazu später mehr.
Vorerst von der Biene zum Hasen und zum Huhn, die uns als österliches Getier geläufiger sind. Ich möchte Ihnen ein paar prächtige Ostereier präsentieren, die der Hase uns ins Nest gelegt hat.
Da finde ich zunächst die Galerie „vielstimmig.Kirche sein“. Engagierte Christinnen und Christen sprechen in kurzen Video-Statements über ihre Vision einer bunten und lebendigen Kirche. Unter ihnen auch Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding oder RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch.
Sie alle reagieren auf die hässliche Machtdemonstration des Churer Bischofs Peter Bürcher, der kürzlich seinen engagierten Generalvikar Martin Kopp gefeuert hat. Ich gebe mich nicht der Illusion hin, diese Videos könnten den Apostolischen Administrator zur Einsicht bewegen. Aber ich freue mich über jede kirchliche Stimme, die sich nicht einschüchtern lässt, die an ihrer Vision einer menschenfreundlichen und somit gottgefälligen Kirche festhalten.
Leider schweigt die Mehrheit der Verantwortungsträger noch immer zu diesem Skandal und trägt so letztlich diesen Rauswurf mit. Ich fürchte, dass sich sogar der eine oder andere Berufskollege Martin Kopps sagt: „Warum konnte er auch seinen Mund nicht halten? Warum musste er unbedingt in der Öffentlichkeit seine Meinung kundtun und den Bischof reizen? Das hat er nun davon!“
Vor 2000 Jahren konnte in Jerusalem auch einer den Mund nicht halten, auch nicht in der Öffentlichkeit, auch nicht vor Pilatus. Und auch damals hat sich manch ein Hohepriester und Pharisäer gedacht: „Das hat er nun davon!“ Ich danke heute allen, die den Teufelskreis aus Machtgebaren und stiller Duldsamkeit durchbrechen. Übers Osterwochenende will ich auch ein Video aufnehmen. Sie alle sind ebenfalls herzlich eingeladen: vielstimmig.Kirche sein.
Gleich zwei Eier beschert uns das forum-Pfarrblatt. Einmal bietet es uns eine Liste von Gottesdienst-Übertragungen aus dem ganzen Kanton. Die Auswahl ist gross. Warum nicht mal etwas Neues entdecken? Dann hat die Redaktion eine spezielle Osteraktion gestartet: Ab Karsamtag können in den Sozialen Medien unter dem Hashtag #osternathome frohe Osterwünsche ausgetauscht werden. So können wir auch in einsamen Zeiten spüren, dass wir lebendige Gemeinschaft sind.
Die bereits zur Tradition gewordene ökumenische Karfreitagsprozession durch die Stadt Zürich wird auch ins WWW verlegt. Morgen ab 12 Uhr kann dürfen wir die Liturgie hier verfolgen. Beteiligt ist übrigens der bekannte Kultur-Journalist Andreas Müller-Crépon, der zentrale Texte liest.
Jugendlich-frisch legt auch jenseits im Viadukt fleissig neue Ostereier. Die Angebote reichen von einer Meditationsnacht zum Gründonnerstag über den virtuellen Karfreitagstreff bis zum symbolischen Osterfeuer.
Wenn ich heute Gründonnerstag-Abend um 20 Uhr zum landesweiten ökumenischen Glockengeläut meine Kerze ins Fenster stelle, denke ich an den Impuls zu den drei österlichen Tagen von Generalvikar Josef Annen: „Wie viele Füsse werden in diesen Tagen gewaschen: in den Spitälern, Pflegezentren und zu Hause in den Familien! Die Botschaft ist unfassbar, aber wahr: In solchen urmenschlichen Handlungen ist Gott unter uns.“ Und im Geiste summe ich das Exsultet mit dem Lob auf die fleissige Biene.
Darum und wegen all der tollen Dinge, die um uns herum geschehen und wo Menschen einander Gutes tun und Leben lebenswert machen, darum soll man Ostern nicht verschieben, sondern gerade in dieser schwierigen Zeit feiern. Denn ein Verschieben von Ostern bedeutet auch ein Verschieben von Hoffnung, wie Abt Urban Federer von Einsiedeln in einem Interview sagt.
Hoffnung schenken sollen wir alle auch jenen Menschen, die noch viel mehr unter Corona leiden als wir, zum Beispiel in den Flüchtlingslagern weltweit. Die Kirchen der Schweiz appellieren deshalb dringend an unsere Regierung, unbegleitete Flüchtlingskinder mit Familienbeziehungen in die Schweiz so schnell als möglich aus griechischen Lagern in die Schweiz zu evakuieren.
In einer durch Regierungsrat Mario Fehr einberufenen Medienkonferenz erhielten heute übrigens Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist und Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding die Gelegenheit, das Engagement der Kirchen in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Eindrucksvoll, was alles möglich wurde. Hier können Sie die Beiträge nachschauen.
Im Namen unseres ganzen Redaktionsteams Kerstin Lenz, Aschi Rutz, Dominique Anderes und Arnold Landtwing wünsche ich allen Leserinnen und Lesern hoffnungsvolle Ostertage und frohes Eiertütschen – zur besseren Verdauung hilft ein Mirabellenschnaps.
Ihr Simon Spengler
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen. Wir freuen uns über Ihre Kommentare.
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