Von beflügeltem Wagemut bis heiliger Nervensäge
Wo kirchliche Verantwortliche Scheuklappen weglegen, Denkbarrieren überwinden und mit Kommunikationsprofis mutig neue Wege einschlagen, beantwortet sich bestenfalls gleichzeitig die Frage, wie man die Menschen erreicht, die noch oder gar nicht mehr in die Kirche kommen. Die Erkenntnisse sind auch für uns wertvoll. Wie Linzertorte und Energydrink zusammenfinden und der Kirche Flügel verleihen, lesen Sie hier.
Neue Wege schlagen wir mit unserem Podcast «Gott und Filterkaffee» ein. Im Go(o)d Talk erzählt Filippo Leutenegger unterhaltsam und pointiert, wieso er ein religiöser Mensch ist und wie ein kirchlicher Betriebsunfall in Rom ihn zum Filippo machte. Eine Viertelstunde angeregter Gedankenaustausch, der uns auch einen Spiegel vorhält und dementsprechend zum Nachdenken einlädt.
Einen Energydrink brauchte die Versammlung für die Weiterentwicklung des synodalen Prozesses im Bistum Chur am vergangenen Dienstag kaum, denn seit Jahrzehnten kommt wieder einmal Bewegung ins Bistum. 60 Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedensten diözesanen Räten haben ein Papier ausgearbeitet, das durchaus das Zeug hat, Kreise zu ziehen. Voraussetzung für wirkliche Veränderungen ist jedoch die Bereitschaft, nicht nur freundlich darüber zu reden, sondern auch ernsthaft Veränderungen zu wagen. Im Interview hat Rudolf Vögele vor der Versammlung Einblick gegeben, in welcher Richtung der Prozess sich entwickelt. Und nach der Versammlung wünschte sich Bischof Joseph Maria Bonnemain ein «lebendiges und wagemutiges» Bistum. Ok, kann er haben. Wir sind gespannt, was Lebendiges gewagt werden darf.
Am Donnerstag ist in Rom das Synthesedokument der kontinentalen Phase zur Weltsynode veröffentlicht worden. «Wir müssen weiterhin auf die Vielfalt des Volkes Gottes hören und uns gemeinsam auf den Weg machen» sagt Schwester Nathalie Becquart, ihres Zeichens Untersekretärin des Generalsekretariats der Synode. Eine offizielle deutsche Übersetzung des Dokuments soll bis Mitte November fertiggestellt sein. Wer sich vorher in den Text vertiefen will, findet ihn hier in Italienisch oder Englisch.
Benedikt Heider hat sich intensiv mit dem Dokument auseinandergesetzt und liefert auf katholisch.de eine lesenswerte Analyse. Er weist darauf hin, dass die Entfremdungserfahrung der Frauen am Ausführlichsten thematisiert wird. Überraschend hat Papst Franziskus die Synode auf zwei Sitzungen ausgeweitet und um ein Jahr verlängert, damit die Bischöfe mehr Zeit haben, intensiver auf die Alarmglocken zu hören, welche die Basis läutet. Das Volk Gottes ist bereits unterwegs. Bleibt zu hoffen, dass die Bischöfe auch aufbrechen und dann hoffentlich Schritt halten mögen.
Mehr Zeit gewährte auch der Ski-Weltverband den Veranstaltern des geplanten und spektakulären Abfahrtsrennens am Matterhorn. Die Natur hat sich um die Verlängerung foutiert. Sie hat klimawandelmässig geheizt und geschifft, statt winterlich gekühlt und geschneit, worauf an ein Rennen nicht zu denken war. Klima- und Energiekrise sind auch für die Kirche ein Thema. Die Pfarrei Heilig Geist Höngg hat das Pfarreizentrum energetisch saniert und zeigt, wie Energieverlusten entgegengewirkt und gleichzeitig erneuerbare Energien gewonnen werden können. Einzelheiten zum gelungenen und preisgekrönten Projekt gibt es zum Nachlesen in der Tagi-Beilage «Fokus Energie & Nachhaltigkeit».
Wo wir schon beim Thema Natur sind: Was ist das? Und wem gehört sie? Das Stapferhaus in Lenzburg lädt zur neuen Ausstellung NATUR. Und wir? ein. Wie immer hinterfragt das Stapferhaus Selbstverständliches und fordert zu einem überraschenden Perspektivenwechsel heraus. Von Kopf bis Fuss in eine poetische Welt eintauchen, den Kompass neu ausrichten und mitreden, wie wir unseren Umgang mit der Natur in Zukunft gestalten: Das Stapferhaus ist einen Ausflug wert. Immer.
Der November gilt traditionell als Totenmonat. Neben Halloween mit ein bisschen Grusel-Fasnacht sorgt derzeit ein Horrorfilm für Furore. Es soll Kinobesucher geben, die den Film als Mutprobe besuchen, ihn aber vorzeitig wieder verlassen. Der Schrecken des Todes ist ihnen zu alltagsnah, da er mit einem Lächeln beginnt. Mit Sterben und Tod war Mutter Theresa im Alltag mitten in den indischen Slums konfrontiert. Nicht für anderthalb Stunden, sondern rund um die Uhr. Im Kino gestartet ist in diesen Tagen «Mother Teresa & Me». Der Film erzählt von den Anfängen Mutter Teresas in den Slums und der daraus resultierenden tiefen Glaubenskrise. Filmexperte Charles Martig bezeichnet ihn als «facettenreich und widerspenstig». Wer sich lieber vom Sofa aus der Frage von Sterben und Tod stellen will, dem empfehle ich die preisgekrönte Dokumentation «Vom Umgang mit dem Tod» auf SRF.
Für manch einen mag er ein Störefried sein, für andere eine Nervensäge. Irgendwie stimmt bei Simon dem Zeloten beides, denn dieser Jünger war genau besehen ein Extremist. Auf Kirchenfenstern und als Heiligenfigur zu erkennen ist er, weil er als Attribut eine Säge dabei hat, dies, weil er der Legende nach zersägt worden sein soll. Soweit so gut. Weshalb mein Kollege Simon Spengler, der eigentlich ein Christoph ist, heute seinen Namenstag feiert, viel Erfahrung mit Schweigen hat und in seinem Innersten Zisterzienser ist, erfahren Sie hier. Reliquien des Heiligen sind übrigens im Petersdom zu finden, das lässt mit Blick auf die Weltsynode doch hoffen. Deshalb ein «Salut!» auf Simon!
Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, wünsche ich einen mit einer zusätzlichen Stunde gesegneten Sonntag.
Arnold Landtwing
Informationsbeauftragter Generalvikariat
P.S.: Wenn Sie in der geschenkten Stunde am Sonntag anregende Lektüre suchen, empfehle ich Ihnen unser aktuellstes Credo «Sorge tragen zum Personal».
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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