Über uns

Grüss Gott Zürich Perspektive wechseln und nachhaltig Kirche leben

Bereichsleiter Kommunikation, Sekretär Interreligiöser Runder Tisch im Kanton Zürich
Simon Spengler

Gesamtverantwortung Kommunikation der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Katholischer Theologe und Journalist.

Simon Spengler
Ein Film ist für mich gut, wenn er mich Dinge neu sehen lässt, aus einer veränderten Perspektive. Das Zurich Film Festival bietet uns zahlreiche Gelegenheiten, neben und abseits vom Glamour das eigene Sehen neu herausfordern zu lassen.
27. September 2019

Zum Beispiel in der Reihe Fokus, aus der die Zürcher Kirchen auch dieses Jahr wieder einen besonderen Film mit dem ökumenischen Filmpreis auszeichnen (öffentliche Vorführung des Siegerfilms am Donnerstag, 3. Oktober, 20 Uhr im Arena Sihlcity, Gratis-Tickets bestellen bei: info@zhkath.ch).

Barbara Miller, Regisseurin von „Female Pleasure“, sucht auch den Perspektivenwechsel und wirkt dieses Jahr in unserer Jury mit. In ihrem Erfolgsfilm zeigte sie auf erschütternde Weise den seit Jahrhunderten (wenn nicht Jahrtausenden) bis heute andauernden Machtmissbrauch gewisser Herren der Religionen gegenüber Frauen. Auch die katholische Kirche kommt gar nicht gut weg.

Trotzdem arbeitet Miller ehrenamtlich in der Kirchen-Jury. Sie finde es interessant, Filme aus „kirchlich-religiöser Perspektive zu betrachten, die ich sonst im Leben fast nie einnehme“, sagt sie uns im Interview. Bewogen dazu habe sie die offene Reaktion kirchlicher Kreise auf ihren Film. „Diese Offenheit möchte ich zurückgeben.“ Tut gut, das mal aus dieser Perspektive zu hören.

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Süsser die Glocken nie klingen“ singen wir bald wieder zur Weihnachtszeit, täglich ruft uns der Glockenklang zum frommen Gebet. Glocken sind aber auch dazu da, uns vor Gefahren zu warnen, speziell vor Feuersbrunst. In St. Pirminius in Pfungen (und hoffentlich in vielen weiteren Kirchtürmen im ganzen Land) läuten morgen um 14.30 Uhr alle Glocken – zur nationalen Klima-Demo in Bern.

Angesichts des brennenden Klimas will die Pfarrei ein Zeichen setzen, erklärt Kirchenpflegepräsident Patrick Fischer. Und zeigt im Gespräch auf, dass auch eine Kirchgemeinde sehr viel zu einer ökologischen Wende beitragen kann. Ich bin beeindruckt, was in Pfungen alles getan wird – als Imker freue ich mich natürlich am meisten über die Umwandlung des toten Rasens in blühende Wiese. Am Sonntag zieht sich der Synodalrat zur Klausur zurück um zu beraten, was er auf seiner Ebene tun kann. „Nachhaltig Kirche leben“ sollte unser aller Motto sein bzw. werden.

Leitbild beim ökologischen Perspektivenwechsel kann uns Papst Franziskus mit seinem Schreiben „Laudato si“ sein. Worin er immer wieder betont, dass Menschenwürde und Umweltschutz zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Das eine ist nicht ohne das andere zu haben, so die Quintessenz.

Darum geht es auch bei der Konzernverantwortungsinitiative (Kovi), welche der Ständerat gestern weiter auf die lange Bank geschoben hat. Schweizer Multis sollen auch für ihre Tochterfirmen in der Dritten Welt und die dort beschäftigten Menschen ökologische und soziale Verantwortung übernehmen, fordert die Initiative. „Wirtschaftsschädigend“ heulen die Konzerne auf und versuchen mit allen Mitteln, die Forderungen abzuschwächen. Zu den Initianten gehören massgeblich die kirchlichen Hilfswerke und letzte Woche hat sich die gesamte Bischofskonferenz hinter diese Initiative gestellt (danke, Bischöfe - das soll auch mal gesagt sein.)

Auf der Website www.kirchefuerkovi.ch können wir alle ein Statement zur Unterstützung abgeben. Josef Annen hat es als Generalvikar bereits getan (ansonsten sind die Stimmen aus Zürich aber noch nicht sehr zahlreich). Wer Laudato si im Munde führt, darf zu Kovi nicht schweigen.

Noch ein Wort in eigener Sache. Der letzte Newsletter löste einige Wirrungen aus und brachte meinem Kollegen Aschi Rutz eine scharfe Rüge der kirchlichen Autorität ein. Darf man den „Marsch fürs Läbe“ als „gottlos“ bezeichnen oder nicht? Zuerst dies: Selbstverständlich beteiligten sich dort auch Menschen, die aus christlicher Überzeugung ein Zeichen zum Schutz des ungeborenen Lebens setzen wollten. Das ist uneingeschränkt zu respektieren!

Vielleicht ist die Frage aber falsch gestellt. Vielleicht geht es nicht um „gottlos ja oder nein“, sondern darum, um was für einen Gott es geht. Dieser Marsch verfolgt ja auch politische Ziele, nämlich die in einem gesetzlichen Rahmen straffreie Abtreibung rückgängig zu machen. Kann sich, wer Frauen wieder vor den Richter ziehen will, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, auf den Gott des Evangeliums berufen, der nicht nur gerecht, sondern auch barmherzig ist? Ist es der Gott des Jesus von Nazareth, der sich vor die Sünderin stellte und den Hohenpriestern entgegenhielt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“? Dieser Frage dürfen wir nicht ausweichen, wir alle nicht.

Ideologische und autoritäre Denkverbote bringen uns beim steten Ringen um die richtige Antwort nicht weiter. Wir brauchen in der Kirche nicht weniger, sondern mehr offene Debatte, eine ehrliche Streitkultur. Es ist Sinn und Zweck dieses wöchentlichen Newsletters, dazu einen kleinen Beitrag zu leisten. Er gibt immer nur die Meinung des Schreibenden wieder, die nicht automatisch eine offizielle Position der Zürcher Kirche ist! Das schreiben wir ab heute auch bewusst unter jede neue Ausgabe, um künftigen Wirrungen vorzubeugen. Auch werden ab heute alle eingehenden Kommentare auf unserer Homepage sichtbar. Wir hoffen auf lebhafte Diskussionen (selbstverständlich dürfen Beschwerden auch weiterhin direkt beim Generalvikar, Bischof, Nuntius oder Papst eingereicht werden).

Muten wir uns allen immer wieder einen Perspektivenwechsel zu.

Ich wünsche Ihnen ein entspanntes Wochenende und einen gesegneten Sonntag.

Simon Spengler

 

Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.