Über uns

Neues wagen und entdecken

Bereichsleiter Kommunikation, Sekretär Interreligiöser Runder Tisch im Kanton Zürich
Simon Spengler

Gesamtverantwortung Kommunikation der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Katholischer Theologe und Journalist.

Simon Spengler
Schon steht das Ende des Kirchenjahres bevor, selbst in meiner freiburgischen Wohngemeinde werden bereits die Weihnachtssterne an die Kandelaber montiert – die festliche Advents- und Weihnachtszeit steht vor der Tür und damit das neue Kirchenjahr.
19. November 2021

Festlich durfte letzten Samstag beim Spital Limmattal die «neu-alte» Kapelle ökumenisch eingeweiht werden (hier ein Video zur Feier). Neu, weil die 1970 erbaute Vorgängerin vor knapp 10 Jahren dem Spitalneubau weichen musste und nun wieder aufgebaut wurde. Alt, weil der Neubau eine 1:1-Kopie der früheren Kapelle ist, bis ins Detail originalgetreu rekonstruiert. Was für Bischof Joseph Bonnemain ein «Geschenk» ist und für den reformierten Kirchenratspräsidenten Michel Müller ein «Wunder», geriet für andere zum Ärgernis.

 

Der Schlieremer Imam Muris Begovic beklagt in einem bedenkenswerten Artikel einen Rückschritt im interreligiösen Miteinander, denn in der Kapelle der 70er Jahre ist kein Platz für nicht-christliche Religionen. Weder die muslimische noch die jüdische Gemeinschaft oder sonst eine nicht-christliche Religion waren zur Einweihung geladen.

 

Der Imam weist zu Recht auf ein Problem hin. Schliesslich hat sich die Welt rund um die «neu-alte» Kapelle in den letzten 50 Jahren massiv verändert – auch die Religionslandschaft. Sicher, es gibt im Spital einen «Raum der Stille», der auch Muslimen und anderen als Betraum dient. Schliesslich sind nicht nur unter den Patientinnen und Patienten, sondern auch unter Ärzteschaft und Pflegepersonal und im Hausdienst viele Gläubige verschiedenster Religionen. Da steht ein neues Spital-Gotteshaus exklusiv für Christinnen und Christen im 21. Jahrhundert ein wenig schräg in der Landschaft. Wer nur das Vergangene 1:1 kopiert, gerät irgendwann zur «Ballenberg-Religion».

Nichtsdestotrotz: Die Spitalkapelle ist ein kleines Juwel, das einen Besuch wert ist. Mich fasziniert besonders das blaue Fenster mit dem Engel. Der kündet Gottes Botschaft von Liebe, Versöhnung und Heilung allen Menschen, unabhängig von Herkunft und Religion. Die neue Kapelle hat Potenzial, sie muss nur noch etwas neuer werden.

Neues wagt die katholische Kirche in «Züri-West». Die Gesamtkirchgemeinde Bern, welche auch für die italienische und spanische Mission verantwortlich ist, behandelt diese Missionen neu als eigene Kirchgemeinden mit allen Rechten und Pflichten – de facto genau gleich wie die anderen Kirchgemeinden auch. Sie umfassen einfach die italienisch- und spanischsprachigen Gläubigen. Damit wird das alte Modell verabschiedet, nach dem die Missionen Einrichtungen auf Zeit sind und irgendwann in Schweizer Kirchgemeinden und Pfarreien aufgehen sollten. Dieses Modell scheitert seit Jahrzehnten an der Realität. Mit dem Pionierprojekt setzt die Berner Kirche definitiv auf Integration statt Assimilation. Soll noch einer sagen, an der Aare tickten die Uhren langsamer als anderswo.

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Auch in Zürich erwartet uns Neues: Am zweiten Adventswochenende kommt im Grossmünster ein Oratorium zur Uraufführung, das in Wort und Musik vom bewegenden Schicksal des von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfers und Theologen Dietrich Bonhoeffer erzählt. Komponiert hat diese «politische Messe» Hans-Jürgen Hufeisen, das Libretto stammt von Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist.

 

Bonhoeffers Gefängniswärter, der dessen Briefe aus der Zelle schmuggelte, und Bonhoeffers Verlobte treten in Dialog, unterbrochen von Texten Bonhoeffers. Sigrist spricht im Oratorium die Texte des Wärters, Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding und die muslimische Theologin Amira Hafner leihen Bonhoeffers Verlobten ihre Stimme. Noch sind Tickets zu haben (30 Franken), der Vorverkauf ist bereits gestartet. Ein wahrhaft adventliches Erlebnis erwartet das Publikum.

Am nächsten Donnerstag startet auf dem Münsterhof auch schon wieder der bereits zur Tradition gewordene Weihnachtsmarkt. Mit dabei auch dieses Jahr wieder eine von der Designerin Fiona Knecht gestaltete Krippe, die sie extra für die katholische Kirche Zürichs entworfen hat. Am Stand nebenan verkauft der Second-Hand-Shop der Caritas schönes Gebrauchtes (Montag, 29.11. bis Sonntag, 5.12.). Auch hier gibt es einiges (neu) zu entdecken.

Zunächst gilt es aber, das alte Kirchenjahr abzuschliessen, um dann im Advent auf Neues zu hoffen und Neues zu wagen.

 

Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.

Ihr Simon Spengler

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.