Licht und Schatten – Newsletter von 18.11.2022 Licht und Schatten
Eine erhellende Erfahrung für Auge und Herz ist die am 19. November, im Zürcher Grossmünster stattfindende «Nacht der Lichter». In der Tradition von Taizé trägt das Lichtermeer im Kirchenraum die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weit weg von der üblichen Hektik der Stadt und des momentan grauen Novemberalltags.
Für ein warmes Gefühl ums Herz sorgen die bekannten emotionalen Taizé-Gesänge, abgelöst von stillen Momenten zur Einkehr. Weil die Kraft des Lichtes erst durch die Helligkeit und die Wärme vieler einzelner Lichter entsteht, ist die Nacht auch ein Fest der Gemeinschaft. Im Anschluss an die Feier im Kirchenraum laden Feuerschalen, warme Getränke und Snacks im Kreuzgang des Grossmünsters zum Zusammensein ein
Um das Zusammenleben in einer facettenreichen Gesellschaft ging es auch im gestrigen Eröffnungsfilm «Daughters of Abdul-Rahman» des Arab Film Fesitvals Zürich. Regisseur Zaid Abu Hamdan, der im selben Jahr wie ich – 1982 – zur Welt kam, beschreibt auf sehr einfühlsame Weise und mit viel Humor das eigentlich tragische Schicksal vierer auf den ersten Blick ganz unterschiedlicher Schwestern in der von Männern dominierten, stets auf den guten Ruf bedachten, jordanischen Gesellschaft.
Sehr beeindruckt hat mich, wie es Zaid Abu Hamdan, als Kind genau dieser Gesellschaft, gelungen ist, ein so sensibles Portrait der Frauen in Jordanien zu gestalten. Licht spielt darin übrigens auch eine zentrale Rolle.
Ich empfehle allen, Daughters of Abdul-Rahman zu schauen. Das Arab Film Festival mit zahlreichen weiteren Perlen aus 22 arabischen Ländern läuft noch bis zum 27. November im Filmpodium in Zürich. Es findet in 2022 zum sechsten Mal statt und wird vom gemeinnützig organisierten Verein Inernational Arab Film Festival Zurich, einer kleinen Gruppe von Film und Kinobegeisterten aus Zürich, durchgeführt. Im Fokus stehen in diesem Jahr Jordanien und Libanon.
Das Festival ist ein sehr schönes Beispiel, wie Austausch und Dialog funktionieren können. Es ermöglicht Einblicke, neue Sichtweisen und verbindet.
Schattenseiten der arabischen Welt offenbaren sich im Zusammenhang mit der Fussball WM in Katar, die am Sonntag beginnt. Der eingefleischte Fussballfan Oliver Kraaz hat sich definitiv für Fussballfasten entschieden. Seine Begründung finden Sie im forum. Es gibt ebenfalls Stimmen, welche fragen, ob nicht auch zu einem grossen Teil die Fifa auf der dunklen Seite der Macht steht.
«Es kommt mir billig vor, wenn wir im Nachhinein die Moralapostel spielen», sagt der Schweizer Ordensmann und Bischof von Arabien, Paul Hinder in einem Interview mit der NZZ (Aboschranke). Zum einen hätten die Vertreter des Weltfussballverbandes den Entscheid für den kritischen WM-Austragungsort Katar beeinflussen können, wenn ihnen daran gelegen gewesen wäre. Arbeits- und Sozialverhältnisse in dem arabischen Land waren bereits lange bekannt. Zum anderen würden wir oft mit zweierlei Mass messen.
Und er ruft in Erinnerung, dass auch der Gotthardtunnel und die Staumauern in den Alpen unter teils fragwürdigen Bedingungen gebaut worden sind. Weitergedacht stellt sich mir die Frage, warum Asylsuchende aus der Ukraine ganz anders, oft freundlicher, empfangen werden als diejenigen aus Syrien und anderen europafernen Ländern.
Nichtsdestotrotz, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es in Katar grosse humanitäre Missstände gibt. Für den Luzerner Ethikprofessor Peter G. Kirchschläger ist klar: «Die WM sollt man boykottieren.»
Das deutsche Fussballmagazin «11 Freunde» und das schwedische «Blankspot» nehmen das Thema in ganz spezieller Weise auf. Statt Panini-Fussballerbilder gibt das Magazin mit den «Cards of Quatar» vielen der beim Bau der WM-Infrastruktur ums Leben gekommenen Arbeitern ein Gesicht und eine Biografie.
Hoffen wir, dass die dadurch ins Licht gerückten Schicksale nicht wie so viele Nachrichtenblitzlichter nach kurzer Zeit wieder verblassen und in unserem Alltag ganz schnell wieder vergessen gehen.
Zu guter Letzt wieder zu einem erhellenden Thema. Es gibt sie, die Menschen, die sich langfristig für andere engagieren. Bereits seit 160 Jahren bietet Solidara Zürich, ehemals Stadtmission der Evangelischen Gesellschaft, sozial benachteiligten Menschen eine Anlaufstelle.
Gleich in dreifacher Weise engagiert sich das Team von Solidara für Randständige. Das Café Yucca schenkt notleidenden Menschen Wärme in Form von Nahrung und Beratung, in einer Beratungsstelle erhalten Sexarbeitende Unterstützung und die Passantenhilfe ist für Menschen in Not da.
Am Mittwoch, 23. November feiert Solidara den 160 Geburtstag. Das ist eine wunderbare Gelegenheit das Projekt näher kennenzulernen. Warme Suppe und Kerzenlicht liefern bei der Predigerkirche den Rahmen für Austausch und gute Gespräche. Ab 19.15 Uhr wärmen die Klänge der Bands «lizard and the dear» und der rumänischen Musiker «Florin & Ionut» Herz und Seele.
Und damit schliesst sich der heutige Lichtkreis.
Ich wünsche Ihnen ein erhellendes Wochenende.
Ihre
Saskia Richter
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
Kommentare anzeigen