Lange Schatten
Auch wenn die Sonne fehlt, gilt derzeit: Grosse Dinge werfen lange Schatten. Das Weihnachtsfest ist zwar bald in Sichtweite, aber die Vorfreude dennoch getrübt. Die Unsicherheit, die wir bereits vom vergangenen Winter kennen, ist wieder da. Und bestimmt diese beginnende Adventszeit.
«Wenn sie uns nicht wieder zumachen…»: Diesen Halbsatz lässt einer der Organisatoren des Weihnachtsmarktes Münsterhof im Telefongespräch in der Luft schweben. Dennoch leuchtet seit gestern Abend die wunderschöne Lichtkasten-Krippe von Fiona K. mit anderen Weihnachtsbeleuchtungen am Markt auf dem Münsterhof um die Wette. Wir sind auch dieses Jahr präsent! Besuchen Sie uns an der Krippe, treffen Sie Menschen aus der Kirche, entdecken Sie im Caritas Second-Hand-Shop ein nettes Geschenk für sich selber (ab Montag 11 Uhr dann bis Sonntag). Die handverlesene Auswahl bietet schönes Gebrauchtes und der Erlös kommt armutsbetroffenen Familien zugute. Am Markt gilt 3G - oder noch besser 4G: geimpft, genesen, getestet und gekommen.
Auch auf dem Klosterplatz in Einsiedeln und in den umliegenden Strassen beginnt heute der Weihnachtsmarkt. Interessanterweise: ohne Zertifikatspflicht. Hat nicht der Kanton Schwyz derzeit die höchsten Fallzahlen, dafür eine niedrige Impfrate? Hmmm... Ob Gottvertrauen alleine hilft? Ich zweifle.
Die Gemeinschaft der Klosterbrüder dagegen appelliert an Solidarität und Rücksicht. Sie lädt zum besinnlichen Adventsprogramm mit Rorate-Messen, dem Abendgebet oder der Vesper. «Wir hoffen, dass die Solidarität und gegenseitige Rücksicht in den kommenden Wochen verhindern mögen, dass strengere Schutzmassnahmen zur Eindämmung des Virus notwendig sein werden,» schreibt das Kloster auf der Homepage.
Der Jumbo-Adventskranz steht auch in diesem Jahr am Hochaltar. Beeindruckend.
Auch Kirchgemeinden und Pfarreien im Kanton Zürich müssen dieser Tage Entscheidungen treffen. «Harte Tür» wie bei In-Diskotheken, bei denen das richtige Tenue zählt, oder lockerer, um niemanden auszuschliessen? Die Kirchen stünden vor einem Dilemma, so der deutsche Rechtswissenschaftler Heinrich de Wall. Denn das kirchliche Selbstverständnis setze darauf, jeden Menschen, der möchte, an der Feier des Gottesdienstes teilhaben zu lassen. Nur so könne das Recht auf Religionsfreiheit ausgeübt werden. Andererseits haben Kirchen das Recht, selbst ihre Regeln festzusetzen. Die Diskussionen in den Leitungsteams der Pfarreien und Kirchgemeinden laufen sicher bereits auf Hochtouren.
Lange Schatten wirft auch der Tod, aber die Profis von unserer Spital- und Klinikseelsorge arbeiten daran, dass vor allem die Phase des Sterbens auch spirituell aufgefangen wird. Spitalseelsorgerin Lisa Palm setzt sich seit Jahren für eine würdige letzte Lebensphase ein und sagte kath.ch: «Es fehlt noch sehr viel an Sensibilisierung für die Bevölkerung. Palliative Care nimmt die Lebensqualität von kranken Menschen in den Blick. Dazu gehört die Förderung einer angstfreien und vorausschauenden Kommunikationskultur – auch in den Familien.» Gestern hat sich das Netzwerk «palliative.ch» von ihr verabschiedet. Sechs Jahre lang war Lisa Palm Co-Leiterin der schweizweiten Fachgruppe Seelsorge, im nächsten Jahr geht sie in den Ruhestand.
Und – Tadaaa! – hier kommen Big News aus der Kommunikations-Küche: Unser neuer Podcast «Gott und Filterkaffee» startet am 1. Advent mit dem Thema «Rituale». Prominenter Gast in der Sendung ist Musiker Marc Sway. «Der Podcast soll die unterschiedlichen Einstellungen innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft aufzeigen und sich einem Blick von Aussen stellen. Damit möchten wir Menschen im «Standby-Modus» wieder abholen, mit ihnen ins Gespräch kommen und ihnen einen neuen Blick auf Kirche ermöglichen,» sagt Simon Spengler, Leiter Kommunikation. Der Podcast wendet sich an die junge Zielgruppe der 25- bis 40-jährigen. Natürlich dürfen Sie auch reinhören, wenn Sie älter sind.
Ja, grosse Dinge werfen eben lange Schatten. Wie zum Beispiel auch die Abstimmung zum neuen Covid-Gesetz am Sonntag, das Familien und Freundschaften seit Monaten auf die Probe stellt. Genauso wie die aktuelle Pandemie-Lage. Heute warnt Bundespräsident Guy Parmelin die Kantone und ruft zum Handeln auf.
Wie so oft trösten mich schlaue Worte. Diesmal schaffte dies ein Gebet der deutschen Philosophin Edith Stein, heiliggesprochene Karmeliterschwester mit jüdischen Wurzeln:
Es ist gut, daran zu denken,
dass wir unser Bürgerrecht im Himmel
haben und die Heiligen des Himmels
zu Mitbürgern und Hausgenossen.
Dann trägt man leichter an den Dingen,
die auf der Erde sind.
Nun wünsche ich einen besinnlichen ersten Adventssonntag. Zünden Sie unbedingt Kerzen an – müssen ja nicht so riesige wie auf dem Jumbo-Adventskranz sein. Hauptsache es kommt Licht in diese graue Zeit.
Herzlich Kerstin Lenz
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entspreche
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