Meine Botschaft an den Brückenbauer
In diesen Wochen gibt es viel zu organisieren und zu besprechen. Die Medienarbeit will aufgegleist, die Weihe gut vorbereitet sein, und erste Personalentscheide sind unmittelbar nach der Amtseinsetzung zu erwarten. Zudem steht Ostern vor der Türe – das zentrale Ereignis der Christenheit mit der Auferstehung Jesu und dem Sieg des Lebens über den Tod.
All dies kann Joseph Bonnemain nicht alleine managen. Er muss sich auf integre, loyale und kompetente Menschen abstützen können. Auf Menschen, die sich engagieren und einbringen wollen. Aus diesem Grund haben wir eine «Social Wall» eingerichtet. Ab sofort sind alle eingeladen, auf dieser digitalen Pinwand eine Postkarte mit Erwartungen, Hoffnungen, Wünschen und Ideen zu posten. Erste Botschaften an Joseph Bonnemain sind bereits nachzulesen: Ganz allgemein wünschen ihm die meisten gute Gesundheit, viel Kraft und Gottes Segen, was er mit Sicherheit in Fülle gebrauchen kann. Konkreter wird es, wenn ihm eine Einladung in die Pfarrei vorgeschlagen oder sein respektvoller Umgang mit Menschen konstatiert wird. Monika Schmid, Pfarreibeauftragte in St. Martin (Illnau-Effretikon/Lindau/Brütten) schreibt unter anderem schlicht: «Wir wünschen uns nichts Unmögliches, nur Begegnung auf Augenhöhe.»
Es gibt andere Botschaften an die Adresse von Joseph Bonnemain, die zu denken geben. Dazu drei Beispiele, die weiterhin vom Kampf, der Spaltung und der Verteufelung des Zeitgeistes getrieben sind:
Sprachen die meisten Kommentatoren nach seiner Ernennung zum Bischof von einem Brückenbauer, titelte die konservative Tagespost: «Joseph Bonnemain: Ein spaltender Brückenbauer». Das um den richtigen Kurs der Kirche ringende Bistum werde nicht zur Ruhe kommen. Mit der Wahl von Bonnemain seien die Konservativen zwar unterlegen. Spätestens nach seinem Rücktritt werde «das ewige Ringen in Chur von neuem beginnen».
Lautstark vernehmen lässt sich auch der frisch pensionierte Weihbischof Marian Eleganti in der Südostschweiz (nachzulesen auf kath.ch). Er sei jetzt frei für ein fruchtbareres Terrain und verliere keine Zeit mehr in Strukturen, wo Mehrheitsentscheide den Ausschlag geben würden. Und er kündigt an, was sich fast wie eine Drohung deuten lässt: Er gründe einen Förderverein, baue seine Social-Media-Aktivitäten aus, es gebe eine neue Homepage und er habe ein neues Videostudio eingerichtet. Eine einzige Kampfansage auch an den neuen Churer Bischof, wenn Eleganti meint, dass er Bonnemain als Mensch und Priester gerngehabt und ab und zu auch bei ihm gebeichtet habe. «Allerdings denke ich, dass man ein Bistum nicht wie ein Seelsorger im Beichtstuhl führen kann.» Denn Jesus sei nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
Im ebenfalls nicht öffentlich zugänglichen Interview in der aktuellen Ausgabe der Schweizerischen Kirchenzeitung (SKZ) kritisiert Eleganti die Reformkatholiken und meint: «Die Erneuerung geht sicher nicht von den sogenannten Strukturreformen aus. Was in Deutschland vom synodalen Prozess propagiert wird, ist nichts anderes als ein Neuaufguss eines protestantischen Kirchenverständnisses mit ähnlichen Argumenten wie im 16. Jahrhundert.» Zudem gebe es für ihn keine ‹Kirche Schweiz› und auch keine ‹Katholische Kirche im Kanton Zürich›.
Immerhin ist es diese Katholische Kirche im Kanton Zürich, die den neuen Bischof tatkräftig unterstützt, gerade nachdem sich der bisherige Bistumssprecher bereits abgemeldet hat. So informierte die Bischöfliche Kanzlei in Chur: «Für die Medienarbeit rund um die Bischofsweihe zuständig sind Arnold Landtwing, Informationsbeauftragter des Generalvikariats Zürich/Glarus und Simon Spengler, Leiter der Kommunikationsstelle der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.»
Und was schreibt Giuseppe Gracia zu seinem abrupten Abgang den Medien? «Joseph Bonnemain und ich haben ausführlich miteinander gesprochen. Wir sind beide der Meinung, dass der Neuanfang im Bistum auch in der Medienarbeit ein neues Gesicht braucht. Wenn möglich eine Frau, das wünsche ich dem Bistum.» Ein paar Tage später warnt derselbe Gracia in der Tagespost vor der Frauenfrage und dem Zeitgeist: «Die Kirche wird angegriffen, weil sie nicht zeitgeistkonform tickt. Der Druck wird immer grösser, weil der Zeitgeist keine Ruhe geben wird, bis auch die Kirche Frauenquoten hat, demokratisch ist und absegnet, was immer die Mehrheit wünscht.» Dazu passt auch, dass er in der Weltwoche (Beitrag nicht öffentlich zugänglich) genüsslich sein frivoles Frauenbild aufscheinen lässt, wenn er voll Faszination von James Bond und seinen Gespielinnen schreibt.
Einmal mehr bemüht Gracia den Zeitgeist und die Anbiederung der Kirche an diesen. Ob er sich wohl auch schon überlegt hat, dass die Lehre der Kirche auch aus einem von Menschen gemachten Zeitgeist heraus entstanden ist und sich entwickelt hat? Oder wie es Moraltheologe Daniel Bogner im Interview mit dem Newsportal t-Online formuliert: «Die Kirche hat ihre derzeitige Form in einer Zeit ausgebildet, in der es viele Dinge aus unserem heutigen Zusammenleben noch gar nicht gegeben hat.»
Nach der denkwürdigen Abstimmung zum Burkaverbot appelliert Regierungsrätin Jacqueline Fehr in einem Blog für Teilhabe, Kooperation und echten Dialog - gegen Ausgrenzung, Ablehnung und Vorurteile. Genau das braucht es jetzt auch für den Neuanfang im Bistum Chur. Beim Neustart helfen wird auch der Humor, den Mario Pinggera, Pfarrer in Richterswil, in seiner Botschaft an den Bischof auf der «Social Wall» anspricht: «Du verstehst es hervorragend, Deine hohe Fachkompetenz mit dem Dir eigenen Humor zu würzen. Weitermachen!»
Überzeugt davon, dass der Heilige Geist die «Social Wall» als Zeit-Geist-Aktion zu schätzen weiss, grüsse ich herzlich
Aschi Rutz
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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