Ene mene miste, es rappelt in der Kiste
Und das oberste Management hätte all die Jahre weggeschaut, vertuscht und gedeckt? Was meinen Sie, wie viele Chefs sässen am Tag nach der Enthüllung noch auf ihrem Sessel? Wie viele der Täter hätten noch ihren Job? Wie lange gäbe es diesen Konzern überhaupt noch?
Ende des Gedankenspiels, zurück in die Realität. In unserem westlichen Nachbarland haben Priester und kirchliches Laienpersonal über Jahrzehnte abertausende Kinder missbraucht, 330’000 Opfer der letzten 70 Jahre sind bekannt. Die Bischöfe haben all die Jahre weggeschaut, vertuscht und gedeckt, in ihrer Führungsaufgabe komplett versagt.
Was passiert nun? Wie viele Chefs sitzen weiter auf ihren Sesseln? Alle! Der Papst «schämt sich», die Bischöfe zeigen sich ganz fest betroffen. Und was tun sie? Sie rufen die Gläubigen zu Spenden auf, damit das oberste kirchliche Management die drohenden Entschädigungszahlungen leisten kann. Absurder geht’s gar nicht mehr!
Analoges geschah in Deutschland. Auch hier abertausende Opfer, null personelle Konsequenz. Selbst Bischöfe, die offen zugeben, vertuscht und weggeschaut und gedeckt zu haben, bleiben auf Geheiss des Papstes im Amt. Analoges in Irland, in Polen, in Lateinamerika. Bis auf wenige Einzelfälle bleibt alles beim Alten. In den afrikanischen «Missions»-Ländern gibt es gar keine Studien, die könnten sich das auch nicht leisten. Wahrscheinlich wären die Resultate, gäbe es überhaupt Akten und Archive, noch entsetzlicher.
Im nächsten Jahr soll nun in der Schweiz eine entsprechende Studie durchgeführt werden, neutral, von unabhängigen Expertinnen und Experten. Was wird dann ans Tageslicht kommen? Wird es hier Konsequenzen geben?
Ich halte wenig von dem Stammtischspruch «Jetzt müssen Köpfe rollen». Damit allein ist es nicht getan. Viel wichtiger fände ich es, dass das oberstes Management Verantwortung übernimmt. Salbungsvolle Sprüche der Zerknirschung reichen nicht. Schliesslich sind die systemischen Ursachen dieser unendlichen Missbrauchs-Skandale längst bekannt. Taten sind gefordert. Sonst wird der harmlose Abzählreim grausame Wirklichkeit: «Ene mene miste, es rappelt in der Kiste. Ene mene muh, und raus bist du!»
Sonntag wird Papst Franziskus mit einem Gottesdienst den Auftakt geben zu seinem Prozess hin zu einer synodalen Kirche, eine Woche später soll weltweit in allen Diözesen der Prozess starten, bei uns in der Deutschschweiz mit einer Umfrage. Viel Enthusiasmus ist noch nicht zu spüren. Aber können wir es uns leisten, auch diese Chance ungenutzt zu lassen? Gemäss vatikanischer Idee soll das Volk Fragen beantworten nach besserem Aufeinanderhören und Miteinanderumgehen. Konkrete Schritte der Erneuerung sollen erst mal nicht diskutiert werden neben der ‘Erneuerung der Herzen und der Haltung’. Aber man muss ja nicht einfach den obrigkeitlichen Fragenkatalog abarbeiten. Warum nicht die Gelegenheit ergreifen, den Spiess umzudrehen und den Bischöfen ernsthafte Fragen zu stellen?
Eine gute Gelegenheit, darüber zu diskutieren, bietet eine Tagung in der Paulus Akademie am 3. November, die gemeinsam mit der Theologischen Hochschule Chur durchgeführt wird. Zahlreiche kirchliche Prominenz wird anwesend sein, ebenso kirchliche Expertinnen und Experten aller möglichen Disziplinen und Tätigkeitsfelder. Der Titel lautet: «Synodalität – Solidarität – Partizipation. Zu Stilfragen des Kircheseins». Zu einem guten Stil gehört es aber auch, ehrlich zu sein und eklatante Probleme nicht zu verschweigen, oder? Also auf den Tisch damit, gefragt oder ungefragt. Anmeldeschluss ist am 27. Oktober.
Gefragt oder auch ungefragt tun dafür ganz viele Menschen Gutes in Pfarreien und kirchlichen Initiativen. Nicht, um Amt und Würde zu verdienen, sondern einfach, weil es nötig ist. Oft im Verborgenen und Stillen, aber unendlich wichtig! Sie machen wirklich Kirche aus, sie leben vor, was guter ‘Stil des Kircheseins’ ist. Zum guten Stil gehört auch, diesen meist freiwillig Engagierten Danke zu sagen, ihr stilles Wirken sichtbar zu machen. Im Wettbewerb «Freiwilligenarbeit SICHTbar» wurden exemplarisch einige Projekte ausgezeichnet. Wir gratulieren den Gewinnerinnen und Gewinnern von Herzen! Euer Engagement sollte uns Motivation sein, trotz aller Probleme nicht aufzugeben. Ihr zeigt: Es lohnt sich. Danke.
Das Team der Kommunikationsstelle geniesst nun ein paar Tage Herbstferien. Hoffentlich kommen auch Sie in den Genuss von etwas Ruhe, Erholung und herbstlichen Sonnenstrahlen. Der nächste Newsletter erscheint dann wieder am 29. Oktober.
Ihr Simon Spengler
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
Ich kann dieses: wir schämen uns nicht mehr hören. Nach dem Schämen kommt nichts mehr, keine Konsequenzen. Mann hat sich ja geschämt. Es ist nun einfach genug.
Negative Schlagzeilen unserer Kirche gibt es mehr als genug.Sie müssen aufgedeckt werden. Aber was sie nicht müssen ist: Alle positiven Aspekte und Taten in unserer Kirche verdrängen. So zum Beispiel: eine Reportage über den eucharistischen Weltkongress. Ein Wort zu Pray swiss wo über 800 Orte in der Schweiz am gleichen Sonntagnachittag den Rosenkranz beteten und und ....Das würde unsern Kirchen weiterhelfen. Nicht Ihre ständigen destruktiven Kommentare. Sie sprechen selbst von der Wirtschaft, dass diese Übeltäter entlassen würden. Die Wirtschaft würde auch üble Kritiker die uns mit Negativschlagzeilen überschwemmen entlassen. Trotzdem mit freundlichen Grüssen!
Margrit Ruckstuhl
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