Bleiben Sie aufmerksam, kreativ und gesund!
Dies zeigt der neueste Bericht der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam. Bei Caritas Zürich sind doppelt so viele Hilfsgesuche eingetroffen wie vor der Pandemie, und vor allem Personen im Tieflohnbereich trifft es ganz hart. «Ein Prozent Steuertrag der Reichen würde das Problem in der Schweiz schon lösen» rechnet Caritas-Zürich Direktor Max Elmiger vor.
Als krassen Gegenschnitt präsentiert SRF im TV-Beitrag Marco Salvi von Avenir-Suisse. Für ihn gibt es keinen Grund für höhere Steuern, weil er keinen massiven Anstieg von Sozialhilfefällen sieht. Was er jedoch über-sieht: Bevor armutsgefährdete und in prekären Situationen lebende Menschen von der Sozialhilfe erfasst werden, springen oftmals Hilfswerke wie die Caritas ein, um akute Not zu lindern. Peter Marbet, der neue Direktor von Caritas Schweiz, spricht sogar vom grössten Hilfsprogramm der ganzen Geschichte von Caritas. Ein bewährtes Frühwarnsystem, das funktioniert. Und das gehört werden sollte. Übrigens befürworten in einer Online-Umfrage 82% der Abstimmenden eine Corona-Steuer für Konzerne und Superreiche.Apropos Online: Diese Woche ruft die Caritas Zürich zum digitalen Spenden auf im Rahmen der jährlichen Caritas-Woche.
Am Mittwoch jährte sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz zum 76. Mal. Papst Franziskus warnte in der Generalaudienz: «Seien Sie aufmerksam, wie dieser Weg des Todes, der Ausrottung und der Brutalität begann, angefangen bei ideologischen Vorschlägen, die ein Volk retten wollen, und am Ende ein Volk und die Menschheit zerstören.» So zu hören im Audio-Podcast von Radio Vatikan. Nachdenklich stimmende Videos mit ausführlichen Erzählungen von Überlebenden und eine digitale Andacht finden sich auf der Homepage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Derweil blieb es in den Schweizer Medien auffällig still, hier ein Kommentar, dort eine Buchrezension und ansonsten gerade mal Pflichtstoff.
Dafür übertrumpften sich die Medien gleichentags gegenseitig mit dem Hype von «Clubhouse». In dieser neuen App werden auserwählte iPhone-Besitzer eingeladen, in Gesprächsräumen persönlich über ein Thema zu plaudern. Wer teilnimmt, gibt als Eintrittspreis alle Kontakte auf dem Handy preis. Bereits nach kurzer Zeit waren erste Gruppen zu finden, die sich offen darüber unterhielten, warum es in Ordnung ist, Juden zu hassen. Die Frage des Datenschutzes dürfte bald mal das kleinste Problem sein, dem sich die Betreiber der App stellen müssen… Seien wir, im Sinn der Warnung von Papst Franziskus, aufmerksam, wie hier menschenverachtendes Gedankengut eine Plattform bekommt, von dessen Folgen die letzten Überlebenden aus Auschwitz berichten.
Nicht offen, sondern in verschleierter Weise richtet sich die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» gegen den Islam. Der Schweizerische Rat der Religionen (SCR), dem auch Bischof Felix Gmür als Präsident der Bischofskonferenz angehört, lehnt die Volksinitiative ab.
Gegenwind bläst von einem überparteilichen Frauenkomitee um Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller. Sie befürworten die vom stramm männerbesetzten Egerkinger Komitee lancierte Initiative und erachten die Vollverschleierung als rechtstaatswidrig. Einen Zwischenruf von prominenter Seite liefert Ahmad Mansour, deutsch-arabischer-Israeli, Psychologe und bekannter Kämpfer gegen Extremismus. Er zeigt in einer Twitternachricht das Dilemma auf, dass, wer keine gemeinsame Sache mit den Rechten machen wolle, gerade gemeinsame Sache mit den Islamisten mache. Eine Abstimmung mit der Wahl zwischen Pest und Cholera? Die öffentliche Debatte wird in den kommenden Wochen bis zur Abstimmung am 7. März durchstarten.
Neben dieser geballten Ladung schwerer, aber wichtiger Themen, nehme ich durchaus auch heitere Momente aus der Woche mit, zum Beispiel einen Tweet unserer Theologischen Hochschule Chur. Theologisch kompetent und social-media-fit, beweist sie Humor: Der bei der Vereidigung des amerikanischen Präsidenten in eine dicke Winterjacke und gestrickte Fäustlinge eingehüllte Bernie Sanders ging viral, hockt auch an der THChur neben einem Stapel Bücher im Vorlesungsraum und wartet auf das Frühlingssemester.
Eher unfreiwillig sorgte die katholische Kirche im Nachbarland Österreich für Lacher: Wenn man auf der X-Achse einer Statistik die aktuelle Jahrzahlen in umgekehrter Reihgenfolge setzt, sind die rückläufigen Zahlen leichter zu ertragen, weil die Kurve logischerweise in die Vergangenheit ansteigt. Gottseidank hat der Skeptiker Florian Aigner einen Screenshot angefertigt, denn, nachdem wir augenzwinkernd getwittert haben «Frei nach dem Motto: „Wo wir sind, ist vorne“ ;-) Zumindest in Zürich versuchen wir, diesem kreativen Selbstbetrug nicht zu erliegen» reagierten die Kommunikationsverantwortlichen der österreichischen Bischofskonferenz umgehend und passten die Grafik an. Wenigstens die österreichische Bischofskonferenz liest unsere Tweets…
Übrigens: Auf unsere eigene statistische Auswertung des vergangenen Jahres sind wir selber gespannt. Die Zahlen werden derzeit erhoben und zusammengetragen. Selbstverständlich werden wir darüber berichten und sie einordnen.
Heute in aller Herrgottsfrühe hat mich Raphael Rauchs Ranking der Gewinner des Jahres 2020 erreicht und erfreut, sind doch unter den herausragenden Köpfen etliche aus Zürich zu finden und - wen wunderts?! – es sind vor allem Frauen: Franziska Driessen-Reding, Veronika Jehle und Schwester Ariane. Da können wir nur sagen: Danke, macht weiter so! Spannend bis unterhaltsam zu lesen, wird das Ranking tobende Begeisterung auslösen… also: je nach Blinkwinkel bei den einen mehr Toben und bei den anderen mehr Begeisterung.
Unser geschätzter Nachbar der Jesuiten, P. Christian Rutishauser, verlässt Zürich in Richtung München. Dies nicht fluchtartig, weil er auch schon als möglicher Bischof für Chur gehandelt wurde, sondern weil er die Verantwortung für die von Jesuiten geführten Gymnasien und Hochschulen übernimmt. Mit diesem Interview verabschiedet sich unsere Praktikantin Ewelina Bajor. Sie hat bei den Jesuiten im aki und bei uns in der Kommunikation ein mehrmonatiges Praktikum absolviert. Wir danken ihr für ihren Einsatz und hoffen, dass ihr die gesammelten Erfahrungen im Master-Studium der Kommunikationsorganisation zu Gute kommen.
Noch vieles mehr ist mir diese Woche aufgefallen, etwa der 3Schritt der Paulus-Akademie und «ethik22», die neue «Allianz Gleichwürdig Katholisch» und das finnische Dorf Salla. Das nach eigenen Angaben «kälteste Dorf Finnlands» bewirbt sich für die Olympischen Sommerspiele 2032. Was für ein kreativer Protest, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen!
In dem Sinn: Bleiben Sie aufmerksam, kreativ und gesund!
Ich wünsche ihnen einen gesegneten Sonntag.
Arnold Landtwing
Informationsbeauftragter Generalvikariat
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
Kommentare anzeigen