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Friedenspolitische Predigt von Bischof Joseph Maria Bonnemain Weniger Waffen - mehr Brot für die Armen!

Anlässlich eines Jubiläumsgottesdienstes am 25. September hielt der Churer Bischof eine friedenspolitische Predigt, die aufhorchen lässt. Bonnemain kritisiert ungewöhnlich heftig den Entscheid des Nationalrats, die geplante massive Aufrüstung der Schweizer Armee auch mit Kürzungen bei der Entwicklungshilfe zu finanzieren.
02. Oktober 2024 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Joseph Maria Bonnemain ist zwar körperlich der kleinste Bischof der Schweiz, aber er gibt längst den Takt vor für die ganze Bischofskonferenz. In Sachen Missbrauchsbekämpfung und Prävention ist das schon lange so. Kürzlich machte er schweizweit auf sich aufmerksam, als er öffentlich Sanija Ameti die Vergebung aussprach, um die die GLP-Politikerin alle Gläubigen und den Bischof bat nach ihrer unverständlichen Schiessübung auf ein Bild der Madonna und dem Jesuskind. Jetzt spurt der Churer Bischof auch politisch vor und bricht das lange Schweigen der katholischen Oberhirten zu relevanten öffentlichen Debatten. Auslöser war der Entscheid des Nationalrats, die zusätzlichen Milliarden für die Armee auch durch Einsparungen bei der Hilfe für die Ärmsten in der Welt zu finanzieren. Der Churer Bischof ist überzeugt: Frieden und Sicherheit lassen sich nicht mit Waffen erzwingen, sondern vor allem durch mehr soziale Gerechtigkeit, Bildung und Entwicklung.

Wir dokumentieren die zentralen Passagen der Predigt, die Bischof Joseph Maria Bonnemain selbst auf Facebook publiziert hat.

«Als Jesus am Abend der Auferstehung den Jüngern erschien, zeigte er ihnen die Wundmale mit den Worten: «Der Friede sei mit euch!». Unser Erlöser liess sich von der Untreue der Jünger nicht entmutigen, sondern erklärte ihnen seine Zuneigung und Liebe, schenkte ihnen den Frieden und sandte sie als Zeugen des Friedens und der Liebe: «Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch». Er übertrug ihnen den Heiligen Geist, und damit die Vergebungsvollmacht. Frieden, Vergebung und Heil gehören zum Diakonischen in der Kirche. Es geht um die neue Schöpfung, von der Paulus an die Galater schrieb, die mit der Gnade des Gekreuzigten und Auferstanden begann. So konnte Paulus schreiben: «Friede und Erbarmen komme über alle, die sich von diesem Grundsatz leiten lassen».

Vor einigen Tagen hörten wir, dass der Nationalrat beabsichtigt, zusätzliche Milliarden in die Armee zu investieren und dafür unter anderem bei der Unterstützung der Entwicklungsprojekte und Entwicklungshilfe zu sparen, die entsprechenden Gelder zu kürzen. Diese Nachricht hat mich – gelinde gesagt – sehr konsterniert und bis heute nicht in Ruhe gelassen. Diese Haltung – meine ich – entspricht nicht dem diakonischen Geist, den wir heute betrachten. Sie entspricht – nach meiner Ansicht – nicht jenem Auftrag des Herrn, der Welt Frieden und Vergebung zu schenken.

Ich sage es unverblümt: ich glaube nicht, dass Waffen – das was man gewöhnlich unter Waffen versteht – Sicherheit vermitteln und Kriege verhindern können.

Die grösste Sicherheit gewinnen wir, wenn wir einander friedlich und friedvoll begegnen. Wenn wir aufeinander zugehen, einander zuhören und einander verzeihen. Diese Grundlage zu schaffen, sollte unsere erste Priorität sein, darin sollten wir investieren: Weiterentwicklung zu ermöglichen, soziale Gerechtigkeit herzustellen und Bildung zugänglich zu machen. Das sind die Grundpfeiler einer sicheren, friedlichen Welt.

(…)

Beten wir heute besonders für unsere Verantwortlichen in der Politik, damit auch sie gemäss dem Evangelium leben und handeln. Und natürlich beten wir heute besonders für unsere Diakone, damit sie weiterhin beharrlich als Botschafter des Friedens und der Liebe wirken – ohne sich entmutigen zu lassen. Amen"

St. Franziskus, Zürich, 25. September 2024

Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur