Treffen der Migrantengemeinden Vielstimmige und bunte Kirche
Ende Januar trafen sich in Zürich rund 60 Verantwortliche aus verschiedenen Migrationskirchen zum Austausch für eine Kirche mit vielen Sprachen, Völkern, Kulturen und Riten. Die Versammlung wurde mit einem Gottesdienst eröffnet, bei dem, passend zum Treffen, die Aussendung der 72 Jünger im Mittelpunkt des Tagesevangeliums stand. Immer zu zweit wurden sie damals ausgesandt, um den Boden für die Frohe Botschaft zu bereiten. Vor dieser Aussendung muss es wie im Johanneum in Zürich Wiedikon geklungen haben, viele Sprachen, viele Gespräche.
Carlo di Stasio, Bischöflicher Beauftragter für die Migrantenseelsorge im Regionalen Generalvikariat Zürich-Glarus, zeigte in seinem Eröffnungsstatement die Vielfalt der Missionsgemeinschaften im Kanton Zürich auf.
Besonders begrüsst und erwähnt wurden die Pfarreien, die in diesem Jahr ein grosses Jubiläum feiern können. Die Personalpfarrei San Giovanni Bosco wird 150 Jahre alt und die Personalpfarrei Saint Familie 100 Jahre.
Waldenser in Zürich
Herbert Anders, Pfarrer der Waldensergemeinde in Zürich, eröffnete den thematischen Teil der Tagung mit der Vorstellung und Geschichte seiner Gemeinschaft. Ursprünglich aus Italien kommend, wurde sie schon im späten Mittelalter in Zürich aufgenommen. Somit ist sie die erste Mitgrationsgemeinde in der Stadt. Die Glaubensgemeinschaft gehört zur evangelischen Konfession und hat ihren Treffpunkt in der Zwinglikirche in Zürich Wiedikon.
Im Anschluss berichtet Artur Czastkiewicz, Pfarrer von Zürich Wiedikon, über die Zusammenarbeit im Quartier und mit den Missionsgemeinden. Nach dem Waldensergottesdienst am Wochenende mit ca. 40 Personen feiert jeweils die polnische Mission mit ca. 300 Personen Gottesdienst. Wie Herbert Anders mit viel Humor erwähnt, profitiert davon auch die Waldenserkirche, indem die Menschen im Quartier das Gefühl haben, dass die Waldensergemeinde so stark gewachsen ist.
Nach einem kurzen, spannenden Austausch ging es weiter mit Informationen aus dem Forum-Pfarrblatt und aktuellen Projekten und Tätigkeiten aus dem Generalvikariat, die für und mit den Seelsorgenden entwickelt werden.
Rückkehrhilfe
Von der Gefängnisseelsorge, eine kirchliche Tätigkeit, die auch im Bereich der Migrantenseelsorge immer mehr an Bedeutung gewinnt, gab Andreas Beerli, Leiter der Gefängnisseelsorge Zürich, einen spannenden Einblick. Das Verhältnis in den Gefängnissen zwischen Einheimischen und Migranten verschiebt sich immer mehr in Richtung der Migranten. Ein neuer Schwerpunkt in der Gefängnisseelsorge ist die Rückkehrhilfe. Diese wird von staatlicher Seite initiiert. Die Behörden sind aber nicht die Fachleute für die Länder und Regionen. Oft wird auf dem Papier geplant und die Realität sieht dann ganz anders aus. Hier liegt eine grosse Chance der Migrationsgemeinden. Ihre Mitglieder kennen Land und Leute. Sie können einschätzen, welchen Erfolg Projekte haben können. Sie sprechen die Sprache. Die katholische Kirche hat weltweit eine Art Parallelsystem aufgebaut, dass mancherorts besser funktioniert als das staatliche. In der Zusammenarbeit von Kirche und Staat in der Schweiz und im Rückkehrland liegt eine grosse Chance, dass die meist unfreiwillige Rückkehr gut gelingt.
Migratio
Isabelle Vasquez, Nationaldirektorin von Migratio, stellte den Stand der Arbeiten zur Überarbeitung des Gesamtkonzeptes von Migratio vor. Einerseits ginge es darum, die Organisation so aufzustellen, dass sie die Arbeit der Migrationsgemeinschaften in der ganzen Schweiz noch besser und gewinnbringender unterstützen kann. Man sei auf einem guten Weg, aber es gehe noch ein Stück weiter. Sie betonte, dass ein Gottesdienst mit anschliessendem Essen noch nicht interkulturell sei. Es sei erst ein sachter Anfang des Zusammenlebens. Die interkulturelle Kompetenz der Menschen müsse aber noch gezielter gefördert werden.
In der Präsentation, in der Isabelle Vasquez über die Herausforderungen und Chancen der Migrationspastoral sprach, wurde noch einmal deutlich, warum wir eine interkulturelle Kirche in einer interkulturellen Gesellschaft sind und warum wir die Kompetenzen der interkulturellen Kirche brauchen, um weiterhin lebendige Gemeinden zu haben. Wie wir alle immer wieder erleben, ist Glauben leben in jeder Kultur ein wenig anders. Wenn verschiedene Kulturen zusammenkommen, ist das so, wie Salz in der Suppe. Es wird spannender, lebendiger und animiert zu mehr.
Migratio hat als Reaktion auf die Vorstudie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche die Aktion «help me» gestartet, bei der sich Migrantinnen und Migranten vertrauensvoll melden können, wenn sie Opfer von Missbrauch geworden sind oder davon erfahren haben. Gerade die Struktur der Migrantenseelsorge macht es dem Einzelnen nicht leicht, dagegen vorzugehen. Das Projekt hat auch ohne grosse Werbung bereits viele Rückmeldungen und Missbrauchsmeldungen erhalten.
Angebot und Dank
In ihren Schlussworten betonten der Synodalratspräsident Raphael Meyer und Generalvikar Luis Varandas, welch wichtigen Beitrag die Migrationsgemeinden für die Katholische Kirche im Kanton Zürich leisten. Meyer ruft die Gemeinschaften auf, sich zu melden, wenn die Synode etwas dazu beitragen kann, dass die Arbeit und der Einsatz der Missionen in der Öffentlichkeit sichtbarer werden. Mit dem Dank des Generalvikars an alle Beteiligten für ihre Arbeit durch das Jahr und an diesem Tag ging eine spannende und intensive Tagung zu Ende.
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