Queere Menschen in der Kirche Wenn Mut ansteckend wird
Früher war er Oberministrant. Heute geht er eigentlich nicht mehr in die Kirche. Aber für dieses Projekt hat er sich dann doch wieder hineingewagt. Photograph Martin Niekämper hat Menschen vor die Kamera gebracht, die sich in der Kirche zwar heimisch, aber nicht sicher fühlen. Sie alle sind katholisch und bezeichnen sich als queer.
Eine Kombination, die in der römisch-katholischen Kirche immer noch zum Problem werden kann. Auch wenn Papst Franziskus schon den ein oder anderen Annäherungsversuch unternommen hat, bleibt gelebte Homosexualität ein Tabu. Wie sehr das Thema die Weltkirche spaltet, zeigte sich erst in den vergangenen Tagen bei der Weltsynode in Rom. Ein afrikanischer Kardinal weigerte sich sogar, mit der Presse darüber zu sprechen.
Protest gegen ein Klima der Angst
Von diesen Spannungen ist im geschützten Rahmen der Ausstellung «Gut.Katholisch.Queer - Für eine angstfreie Kirche» nichts zu spüren. Die gezeigten Photographien dagegen kommen ganz ohne Rahmen aus, ohne Korsett, das sie einengen könnte.
Darauf zu sehen sind Menschen, die sich nicht mehr verstecken wollen. Für Achim, Marie, Monika und die anderen begann der Weg dahin vor rund zwei Jahren. Gemeinsam mit der Initiative #OutInChurch wagten 125 Menschen den Schritt, innerhalb katholischer Institutionen offen zu einer sexuellen Identität zu stehen, die manch einem Kirchenvertreter noch immer Angst zu machen scheint, weil sie sich nicht innerhalb des vorgegebenen Rahmens bewegt.
«Mich hat das damals sehr beeindruckt», erzählt Niekämper in seiner Ansprache den etwa 30 Gästen der Ausstellungseröffnung an diesem Freitagabend in der Paulus Akademie, «so sehr, dass ich unbedingt mit ihnen meine Diplomarbeit machen wollte.» Er selbst habe einen sehr guten Freund, Priester, schwul und immer von Angst geplagt. Auch das sei ein Grund dafür, warum er nicht mehr den Gottesdienst besuche. Insgesamt habe heute er ein ambivalentes Verhältnis zur Institution Kirche. «Gleichzeitig ist Kirche ein Raum, indem so viel Gutes geschieht. Ausgetreten bin ich deshalb nie.» Seine Arbeit sei aber durchaus eine Art Protest gegen dieses Klima der Angst, bestätigt Niekämper. Deshalb kam auch kein anderer Ort als die Kirche selbst dafür infrage.
Von Köln bis nach Zürich
«Ich stehe hier mit dem Wissen, dass faith places für viele Menschen keine save spaces sind», sagt Elke Pahud de Mortanges. Die Professorin für Dogmatik in Freiburg im Breisgau und Lehrbeauftragte für Gender Aspects in Religious Studies in Freiburg im Üechtland hat die Texte zur Ausstellung geschrieben. Damit das aufhört, gebe es die Bewegung #OutInChruch und auch diese Bilder tragen dazu bei.
«Der Photograph nähert sich den abgebildeten Personen mit Distanz und präsentiert sie, ohne den Betrachter zum Voyeur zu machen.»
Eigentlich sei nur eine einzige Austellung geplant gewesen, erzählt Niekämper, der selbst aus der Diozöse Köln kommt. Daraus würden immer mehr. Und glücklicherweise hätten sich auch nach und nach immer mehr Menschen getraut, sich von ihm photographieren zu lassen. Der Mut der anderen, mache vielen queeren Menschen in der Kirche Mut.
Wer sich davon überzeugen möchte, kann das noch bis zum 20. Oktober tun. Die etwa 50 Bilder sind im Erdgeschoss und in der ersten Etage der Paulus Akademie zu sehen. Ergänzend können Video- und Audiomaterial über einen QR-Code zur Geschichte hinter dem Bild mit dem Smartphone abgerufen werden. Der Eintritt ist frei.
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