Weihe von Verheirateten Bischof weihte vier Ständige Diakone
In der vollen Kirche St. Michael in Zollikerberg feierten zahlreiche Gläubige aus dem Urnerland und aus den anderen Pfarreien der Weihekandidaten den Festgottesdienst mit, in welchem zum Aschluss ein urchiger Alpsegen erklang.
Stimme und Hände Gottes sein
In seiner Predigt ermutigte Bischof Joseph Maria Bonnemain die Weihekandidaten, «Gott auf Erden Stimme und Hände zu leihen, um den Menschen sagen zu können: Höre Mensch, Gott, dein Diener, hört dich. Er ist da für dich. Ein Diakon stellt die Gegenwart dieses Gottes, der den Menschen zur Seite, zur Verfügung stehen möchte, besonders sichtbar dar.»
Drei der verheirateten Ständigen Diakone sind als Seelsorger im Kanton Zürich im Einsatz: Andreas Bolkart (St. Burkard in Mettmenstetten), Michael Kolditz (Christkönig in Kloten), Matthias Merdan (Seelsorgeraum Zollikon, Zollikerberg-Zumikon). Ihr Weihekollege Walter Arnold ist Seelsorger im Seelsorgeraum Altdorf.
Die Fotogalerie zeigt eindrückliche Momente der Weihe.
Weihe für Verheiratete Männer ist möglich
Verheiratete Männer können nicht zum Priester geweiht werden, weil die Ehe gemäss Kirchenrecht ein Weihehindernis ist. Doch wie so oft in der Kirche gibt es auch in diesem Fall keine Regel ohne Ausnahme. So ist es möglich, dass Verheiratete zum Ständigen Diakon geweiht werden können. Nach der Weihe gehören sie zum Klerus und dürfen offiziell Kinder taufen und der Eheschliessung assistieren. Voraussetzung ist, dass die Ehefrauen mit der Weihe einverstanden sind.
Andreas Bolkart, Seelsorger und Spezialist für De-Eskalation
Arnold Landtwing hat Andreas Bolkart zu einem Interview getroffen und ihn auf seine Motivation für die Weihe und sein Engagement befragt.
Viele Jahren hast du ohne Weihe als Seelsorger gewirkt. Jetzt lässt du dich zum Ständigen Diakon weihen. Warum? Was hat Dir gefehlt?
Ein Generalvikar, mit dem ich immer wieder austausche, fragte mich direkt, ob ich mir diesen Weg des Diakonats vorstellen könnte. Rückblickend gesehen war es der Weckruf zu einer Berufung, die schon lange in mir war.
Gefehlt hat mir nichts, vielleicht habe ich mich in diesem Moment von Gott finden lassen.
Was wird anders, wenn Du geweiht bist und zum Stand der Kleriker gehörst?
Für mich ist es mein öffentliches Bekenntnis, dass ich mich ganz in den Dienst Gottes stellen will. Der Bischof weiht mich und sendet mich mit dem Auftrag, mich um die Armen, Verletzten, Einsamen und Suchenden zu kümmern. Das gehört zum kirchlichen Grundauftrag, auch wenn es nicht im Pflichtenheft aufgeführt ist.
Wärest Du eine Frau, dann bliebe Dir die Weihe verwehrt. Hast Du Dir darüber auch Gedanken gemacht?
Oh ja. Vor kurzem hatte ich im Rahmen der Vorbereitung zur Diakonatsweihe ein Gespräch mit Bischof Joseph Maria. Als er mich spontan fragte, ob ich einen Wunsch hätte, antwortete ich ihm:
«Ich wünsche, dass auch Frauen in Zukunft diese Weihe empfangen dürfen.»
Die Kirche ist zutiefst weiblich. Es geht aus meiner Sicht um eine Wesensfrage und nicht um das Teilen von Macht. Das alleine würde die Bestimmung verfehlen. Es geht um den Anruf, uns neu der Urberufung des Diakonats und des Priestertums zu stellen und uns gemeinsam in dieser Suchbewegung auf den Weg zu machen.
Seit vielen Jahren bist Du in der Seelsorge tätig. Was war ein besonderer Moment, den Du in letzter Zeit erlebt hast?
Als ich zusammen mit Sr. Ariane an der Langstrasse Essen verteilte, sprach mich ein Mann auf Italienisch an. Dann erzählte er mir, wie seine Mutter sich das Leben genommen hatte und bat darum, dass ich ihn segne. Ich antwortete ihm: «Ich tue es gerne, aber nur wenn du auch etwas für mich tust.» Er antwortete mir recht scharf, ob ich nicht sehe, dass er mir nichts geben könne. «Doch», sagte ich, «ich bitte dich darum, dass auch du mich segnest.» Mit zitternden Händen und einem tief gehenden Blick, segnete er mich und ich segnete ihn.
Gab es auch Tiefpunkte?
Ja, die gab es. Auch absolute Tiefpunkte und Verletzungen habe ich in der Kirche erlebt, sodass ich für zwei Jahre nicht mehr in die Kirche gehen konnte. Dazu zählen Missbrauch oder der Bruch des Beichtgeheimnisses. Heute begleite ich Menschen in Brüchen, in Verzweiflung, Missbrauch und in teils tiefen Verletzungen. Die eigene Verwundung hat mich für die Not dieser Menschen sensibilisiert und innerlich darauf vorbereitet.
In den Zürcher Jugendunruhen hast Du Dich damals für den Dialog der verfeindeten Seiten eingesetzt. Welches Erlebnis hat Dich nachhaltig geprägt?
Pfarrer Ernst Sieber und ich waren alleine im Büro in der Roten Fabrik, als wir von Jugendlichen überfallen wurden. Sie haben uns massiv bedroht. Mit einem der Jugendlichen, der unter Drogen stand, habe ich später viele Stunden auf einer Steintreppe sitzend in der Nacht ausgehalten. Einen Tag später wurde ich spät abends von mehreren Jugendlichen angegriffen. Sie hielten mir ein Messer an den Hals, warfen mir vor, ein Spitzel zu sein und schlugen mich. Da näherte sich plötzlich eine Gestalt aus der Dunkelheit und rief: «Seid ihr verrückt? Das ist ein guter Mensch! Der ist kein Spitzel!» Es war jener Jugendliche, mit dem ich am Vortag auf der Treppe ausgehalten hatte.
Bis heute bist Du immer wieder im Auftrag internationaler Mandate als Vermittler an Hotspots im osteuropäischen Raum unterwegs. Wo warst Du als krisenerprobter Fachmann für Deeskalation in jüngster Vergangenheit im Einsatz?
Zuerst bekam ich Anfragen und dann Mandate für die Begleitung von De-Eskalationsprozessen vor allem in Osteuropa und anderen Missionen wie für grössere Unternehmen. Zuletzt war ich bei einer Mission beim Ausbruch des Krim-Konflikts zwischen Russland und der Ukraine involviert. Nach sehr hoffnungsvollen Schritten auf beiden Seiten ist die Situation dann leider weiter eskaliert und hat zu dem heute tobenden Krieg geführt.
Du bringst in diesem Weihekurs die meiste Lebenserfahrung mit. Welchen Ratschlag gibst Du Deinen jüngeren Kollegen mit?
Ich möchte ihnen wünschen, dass sie das Wagnis eingehen, die eigene Begrenztheit immer wieder wahrzunehmen, weil wir genau dort Gott begegnen. Das, was uns wirklich zueinander bringt, ist unsere Zerbrechlichkeit, unsere Schwachheit und daraus der Ruf nach einem Gegenüber.
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