Kirche aktuell

«Trompete von Jericho» für Monika Schmid Mut machen für angstfreie Kirche

Die ehemalige Gemeindeleiterin der Pfarrei Illnau-Effretikon erhielt letzte Woche von der österreichischen Laieninitiative «Kirchenreform.at» einen Preis für ihr kirchliches Engagement verliehen.
10. November 2024 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Ich bin dein Baum

Du hast mich geträumt Gott
wenn ich den aufrechten Gang übe
und niederknien lerne
schöner als ich jetzt bin
glücklicher als ich mich traue
freier als erlaubt

Hör nicht auf
mich zu träumen Gott,
ich will nicht aufhören
mich zu erinnern,
dass ich dein Baum bin
gepflanzt an den Wasserläufen
des Lebens.

Mit diesem Gedicht hat Monika Schmid ihre Dankesrede bei der Preisverleihung beendet. Am Freitag, 8. November, hat die Theologin und ehemalige Gemeindeleiterin von Illnau-Effretikon die «Trompete von Jericho 2024» überreicht bekommen. Diesen Anerkennungspreis ausgelobt hat die österreichische Laienorganisation «Kirchenreform.at», ein Zusammenschluss der vier katholischen Bewegungen «Wir sind Kirche», «Pfarrer-Initiative», «Laieninitiative» und «Priester ohne Amt».

Zukunft ohne Klerikalismus

Die Reformbewegungen der Katholischen Kirche in Österreich wollen mit der Auszeichnung von Schmid damit etwas besonders unterstreichen: Die Zukunft der Kirche verträgt sich nicht mit Klerikalismus; Leitungsaufgaben in kirchlichen Gemeinden verlangen gleiche Würde aller Menschen, gleich welchen Geschlechts, ob verheiratet oder nicht, auch unabhängig von der sexuellen Orientierung.

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Monika Schmid wurde der Preis "Trompete von Jericho" verliehen, Erwin Koller hielt die Laudatio. Foto: zvg
Monika Schmid wurde bereits 2012 – gleichzeitig mit dem österreichischen Theologen und Pfarrer Helmut Schüller – mit dem Herbert-Haag-Preis für Freiheit in der Kirche ausgezeichnet. Die Trägerschaft von «Kirchenreform.at» hat sich entschieden, Schmid jetzt ein weiteres Mal auszuzeichnen. Damals war es ihre klare Benennung der Verschleierung von Missbrauchsfällen durch die Bistumsleitungen, lange bevor diese Schieflage von anderen benannt wurde, für die sie den Preis erhielt.

Mut in der schwerfälligen Kirche

In jüngerer Vergangenheit gab ihr Abscheid bei der Pfarrei St.Martin in Illnau-Effretikon, wo sie sich viele Jahre als Gemeindeleiterin mit ganzem Herzen einsetzte, zu reden. Im August 2022 hatte sie anlässlich ihrer Pensionierung in einem feierlichen Abschiedsgottesdienst – zusammen mit anderen Laien und Priestern – die Liturgie gefeiert und dabei das Hochgebet einschliesslich der Einsetzungsworte laut mitgesprochen, was zu «disziplinarischen Massnahmen» führte und zu viel Aufruhr.

«Wir von »Kirchenreform.at« wollen mit diesem Preis Monika Schmid unsere Solidarität ausdrücken, uns bei ihr bedanken für den Mut in dieser so schwerfälligen Kirche, sowie uns selbst ermutigen, klare Schritte weiterzugehen mit der frohen Botschaft in unseren Zeiten», schreibt Rolf Sauer, Vorstandsmitglied der Laieninitiative auf der Website von wir-sind-kirche.at.

Eine Würde

In ihrer Dankesrede zur Preisverleihung betont Monika Schmid: «Unsere Kirche hätte es in der Hand, mit dem Beispiel Jesu voranzugehen und sich stark zu machen für Gerechtigkeit und Frieden, wenn sie bereit ist, diese Gerechtigkeit innerkirchlich zu leben: Frauen auf Augenhöhe zu begegnen und allen Menschen die EINE Würde zuzuerkennen.»

Die Folgen ihres Abschiedsgottesdienstes waren sehr schwierig für Monika Schmid, wie sie unumwunden zugibt. Sie habe nur deshalb weiter mitgemacht, weil sie wollte, dass die verbliebenen Seelsorgenden weiter arbeiten konnten.

«Bei mir ist in dieser Zeit vieles zerbrochen.»
Monika Schmid

Wenn sie vorher noch an eine Veränderung in der Kirche geglaubt habe, sei ihr dieser Glaube mehrheitlich abhanden gekommen. Die Begegnungen an der Preisverleihung, aber auch mit anderen Menschen, die sie auf ihrem Weg immer wieder ermutigten, würden ihre Hoffnung nicht ganz sterben lassen. Sie wolle nicht niederreissen, sondern, dort wo es möglich sei, aufbauen.

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Monika Schmid bei der Preisverleihung in Wien. Foto: zvg

Ohne Angst fallen die Mauern

Erwin Koller, Theologe und Journalist, der die Laudatio auf Monika Schmid hielt, meinte zu den Gästen der Preisverleihung: «Sie zeichnen heute eine spirituelle Meisterin aus, eine Frau mit hoher liturgischer Begabung und einer tief priesterlichen Sorge um die Menschen – wenn es denn Sache des priesterlichen Dienstes ist, Ohren und Augen und alle anderen Sinne zu öffnen für das Unerhörte und Ungesehene und hinzulenken auf das Unertastbare.»

«Mag die Trompete von Jericho, die du heute bekommst, diesen Ausgeburten klerikaler Machtphantasien den Marsch blasen, damit nicht noch mehr Gläubige – und du selbst – über dem Schmerz an ihrer Kirche verzweifeln.»
Erwin Koller

Monika Schmid hat sich sehr über die Auszeichnung gefreut, wie sie sagt: «Es ist ein Zeichen dafür, dass wir grenzüberschreitend miteinander für eine glaubwürdige und menschenfreundliche Kirche einstehen.» Es sei eine schöne, schlichte Feier im Herzen von Wien gewesen mit vielen herzlichen Menschen, die ihr alle begegnet seien, als würden sie sie schon lange kennen.

Sie sei beeindruckt von der Solidarität und dem Zusammenhalt unter den Bewegungen in Österreich und ihren langen Atem. «Und ich durfte ein Stück Unbeschwertheit, Österreichischen Charme und viel Humor erleben. Ich nehme wieder ein Stück Hoffnung mit…», meint sie.

«Das Fundament der Mauern von Jericho ist die Angst. Ist sie weg, fallen die Mauern.»
Erwin Koller

Das Schlusswort von Erwin Koller und die Auszeichnung nimmt sie mit auf ihren weiteren Weg ebenso wie die Worte ihres Vaters.

Hier finden Sie die Laudatio, die Dankesrede, einen gemeinsamen Beitrag von Monika Schmid und Erwin Koller.