Österlicher Gruss aus dem Kloster Fahr Dunkelheit und Licht
Priorin Irene Gassmann vom Kloster Fahr schreibt in einem Blogbeitrag ihre Gedanken und Wünsche zu Ostern.
Wir stehen in der Heiligen Woche und gehen Ostern entgegen. In dieser Woche verdichtet sich das Leben mit den Erfahrungen von Hoch und Tief, Freude, Schmerz und Trauer, von Dunkelheit und Licht.
Ostern ist mehr als ein verlängertes, freies Wochenende. Oster-Erfahrungen können nicht losgelöst von Karfreitag und Karsamstag gemacht werden.
In ihrem Gedicht «Osterblume» bringt Marie-Luise Kaschnitz treffend zum Ausdruck, was Ostern zutiefst bedeutet.
Halte nicht ein bei der Schmerzgrenze
Halte nicht ein
Geh ein Wort weiter
Einen Atemzug
Noch über dich hinaus
Greif dir im Leeren
Die Osterblume
Marie Luise Kaschnitz
Ostern ermutigt uns, einen Schritt weiterzugehen, einen Schritt über die Schmerzgrenze hinaus. Was das konkret heisst, erfahren wir beim Abschied von Menschen durch Tod oder Trennung. Je tiefer eine Beziehung war, desto grösser ist der Schmerz beim Abschied.
«Halte nicht ein bei der Schmerzgrenze»
In diesem unendlichen Schmerz nicht stehen bleiben, sondern durchatmen, einen Atemzug über uns hinaus, das ist österliche Spiritualität. Manchmal braucht der Trauerprozess einen langen Atem. Die Leere des Karsamstags kann Wochen dauern. Da kann es geschehen, dass das Leben neu aufblüht. Freude und Leichtigkeit einkehren.
Die Evangelien berichten von verschiedenen Menschen, die nach Karfreitag und Karsamstag, nach Jesu Tod, Schritte über die Schmerzgrenze hinaus gegangen sind. Da ist zum Beispiel Maria Magdalena. In der Morgenfrühe lief sie zum Grab. Ihr Herz war voller Schmerz und Trauer. Sie blieb nicht darinstehen, sondern ging darüber hinaus. Und da begegnete sie dem Unbekannten, der sie beim Namen nannte. «Maria» - und in diesem Moment erkannte sie ihren Rabbuni.
Oder die beiden Jünger, die sich nach all den Ereignissen enttäuscht auf den Weg nach Emmaus machten. Auch sie begegneten dem Unbekannten. Dieser ging mit ihnen und fragte sie nach ihre Trauer, ihrem Schmerz. Erst am Abend als er mit ihnen Mahl hielt und das Brot brach, gingen ihnen die Augen auf: «Brannte nicht unser Herz, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete?»
Oster-Erfahrungen können wir nicht planen, nicht machen, wir können sie auch nicht kaufen. Sie geschehen unerwartet und überraschend. Sie sind ein Geschenk. Wir können uns für sie öffnen, uns von ihnen berühren und bewegen lassen.
Mögen wir da, wo unsere Hände ins Leere greifen, die Erfahrung einer «Osterblume» machen! Das wünsche ich uns in diesen österlichen Tagen!
Priorin Irene Gassmann
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