Amtseinsetzung von Denise Wyss in Zürich-Oerlikon Neue Priesterin in Zürich
Denise Wyss, was zieht Sie nach Zürich?
Nachdem mein Amtsvorgänger Frank Bangerter zum Bischof gewählt worden war, wurde eine der beiden Pfarrstellen in der christkatholischen Kirchgemeinde Zürichs frei. Einige Gemeindemitglieder haben mich angefragt. Die Stelle in Zürich ist für mich ideal, denn nach Jahren in einem Allein-Pfarramt kann ich hier in einem Pfarrteam arbeiten und trotzdem ein eigenes Pfarrgebiet betreuen.
Zudem habe ich seit einem Studienjahr an der evangelisch-reformierten Theologischen Fakultät vor etwa 30 Jahren für die Stadt Zürich geschwärmt. Die heitere, weltoffene Züri-Mentalität traf ich auch in dieser Kirchgemeinde an, die sehr vielseitig ist und viele engagierte Gemeindemitglieder hat.
Trotz der zunehmenden Säkularisierung braucht es meiner Ansicht nach die Kirche immer noch. Sie steht für Werte wie Solidarität und Nächstenliebe ein und bietet gesamtgesellschaftlich nicht nur sozialdiakonische, sondern auch spirituelle Angebote an, die für alle zugänglich sind.
Ob es auch unsere kleine Christkatholische Kirche noch braucht? Unsere Gemeindemitglieder würden die Frage sicher mit «Ja» beantworten. In unseren Kirchgemeinden gibt es eine familiäre und doch weltoffene Beziehungskultur und ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Zudem stehen wir in der ökumenischen Landschaft der Schweiz da als katholische Kirche, die Frauen zu allen Weiheämtern zulässt und auch das Ehesakrament für gleichgeschlechtlich orientierte Menschen.
Das hat vielleicht auch eine wichtige symbolische Bedeutung für einige römisch-katholische Mitchristen, die auf Veränderungen hoffen. Man sieht, wie es ist, wenn eine Frau am Altar steht und predigt. Bei uns ist das seit meiner Weihe vor 25 Jahren mittlerweile Normalität.
Was möchten Sie persönlich mit Ihrer Arbeit erreichen?
Ich möchte als Pfarrerin Jesus, den guten Hirten darstellen, und als Seelsorgerin für die mir anvertrauten Menschen ein offenes Herz und Ohr haben. Auch möchte ich meine persönliche Glaubenserfahrung weitergeben, indem ich das Evangelium verkünde und Menschen ermutige, ihren eigenen Glaubensweg zu suchen und zu finden.
Sie sind die erste in der Schweiz geweihte katholische Priesterin. Was unterscheidet Sie von einem männlichen Priester?
Von einem männlichen christkatholischen Priester unterscheidet mich ausser dem Geschlecht nichts, von einem römisch-katholischen Priester jedoch einiges. Das hängt mit unserem Weiheverständnis zusammen. Die Christkatholische Theologie kennt sehr wohl die apostolische Sukzession, nicht aber den «Charakter indelebilis» (Unauslöschlichkeit der Priesterweihe) eines Priesters, wie es in der römisch-katholischen Lehre heisst.
«Als Frau im Priesteramt repräsentiere ich die weibliche, mütterliche Seite»
Denise Wyss
Durch beide Geschlechter im Priesteramt wird die volle Menschlichkeit repräsentiert, denn Gott hat den Menschen als weiblich und männlich erschaffen und Jesus hat gemäss dem Konzil von Chalzedon die menschliche Natur voll angenommen. Das Dogma spricht von der Menschwerdung und nicht von der Mannwerdung Gottes.
Die Christkatholische Kirche anerkennt die beiden Dogmen des 1. Vatikanischen Konzils, der Unfehlbarkeit des Papstes in Lehrfragen und den Jurisdiktionsprimat des Papstes, nicht. Seit der Trennung von Rom nach dem 1. Vatikanum hat sich die Christkatholische Kirche Reformen gegeben.
Zunächst durch die Bildung einer bischöflich-synodalen Struktur, und weiter durch die Abschaffung des Pflichtzölibates und der Beichtpflicht. Später dann profilierte sie sich durch die Zulassung der Frauen zu den Ämtern des Diakons, Priesters und Bischofs.
Wir gestehen aber, wie die Kirche des ersten Jahrtausends, dem Bischof von Rom seinen Ehrenprimat zu. Auch anerkennen wir wie die orthodoxen Kirchen nur die sieben ökumenischen Konzilien der alten ungeteilten Kirche.
Was müsste passieren, dass sich die beiden katholischen Kirchen wieder vereinen? Oder ist das chancenlos? Würde es überhaupt Sinn machen?
Eine Wiedervereinigung war von Anfang an eine Option. Erst vor kurzem scheiterte aber unser Dialog mit der römisch-katholischen Kirche nach jahrzehntelangen Bemühungen. Das «Niet» aus Rom kam aufgrund der inzwischen eingeführten Frauenweihen.
Ein gangbarer Weg der Annäherung wäre aus meiner Sicht, wenn der Papst den Ortskirchen mehr Autonomie zugestehen würde und zum Beispiel die Eheschliessung von Priestern oder die Weihe von Frauen in gewissen Ortskirchen, wie zum Beispiel der Schweiz, erlauben würde. Auch innerhalb der altkatholischen Kirchenfamilie der Utrechter Union gibt es unterschiedliche Haltungen zur Frauenordination. So weiht die altkatholische Kirche Polens, wie dort die christkatholische Kirche heisst, keine Frauen zu Priesterinnen.
Was ist Ihnen im Leben wichtig?
Wichtig ist für mich, dass ich aus meiner Gottesbeziehung heraus meinen Glauben auch wirklich erfahren kann. Ich hoffe, mit meinem Engagement der Liebe Gottes zu dienen und in diesem Leben möglichst viel Gutes zu tun.
Die Installationsfeier von Denise Wyss in der Christkatholischen Kirche findet am Sonntag, 16. Februar, um 10 Uhr in der Christuskirche Zürich-Oerlikon, Dörflistrasse 17, 8057 Zürich statt.
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