Prävention auf der Miniwallfahrt Mit mir und mit Dir
Als am 12. September die Resultate der Vorstudie (zur Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche in der Schweiz) bekannt wurden, war klar, dass die Romfahrt mit 400 Jugendlichen nicht ganz so wie bisher durchgeführt werden kann.
Und kaum waren die ersten Anmeldungen eingegangen, wurde das Thema virulent. Warum dieses Thema so bedeutungsvoll wurde, fragte Mirjam Steinmann Thomas Boutellier. Er ist im OK für das Ressort Sicherheit und Prävention verantwortlich.
Die Miniwallfahrt findet nicht zum ersten Mal statt. Warum steht in diesem Jahr die Prävention mehr im Fokus?
Die Miniwallfahrt mit 400 Jugendlichen ab 14 Jahren ist die erste Grossveranstaltung nach dem 12. September. Es war uns allen bewusst, dass wir gerade in Bezug auf die Präventionsmassnahmen in den Fokus rücken werden.
Was hat sich im Vergleich zur letzten Durchführung geändert?
Das Thema ist heute viel präsenter geworden und das Bewusstsein der Menschen gegenüber diesem Thema hat sich verändert. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir unter Beobachtung stehen.
Unter Beobachtung, weil die Kirche als Ganzes unter Verdacht steht?
Ja
Stehen Sie zu Recht unter Beobachtung?
Auf jeden Fall, dies aus zwei Gründen:
Während den letzten Jahrzehnten haben wir als katholische Kirche in der Prävention und Intervention keine Glanzleistungen vollbracht. Es wurde viel richtig gemacht, aber auch viel falsch. Dabei ist es eine Katastrophe, dass die Fehler immer zu Lasten der Schwächsten gingen.
Zu Recht aber auch aus einem anderen Grund, wir wollen unter Beobachtung stehen. Die kirchliche Jugendarbeit, vor allem in den Verbänden und auch bei den Minis, darf sich schon vor dem 12. September mit gutem Gewissen über die Schulter schauen lassen. Seit vielen Jahren wird an diesem Thema gearbeitet. Fehler werden aufgearbeitet und die Massnahmen in der Prävention und Sensibilisierung verstärkt. Wer bei uns leitet, hat eine Ausbildung im Bereich Prävention, die bis vor wenigen Jahren weit über die der kirchlichen Mitarbeitenden hinausging. Darauf konnten und können wir auch im Hinblick auf die Romreise aufbauen.
Wie habt ihr gemerkt, dass ihr unter Beobachtung steht?
Kaum lagen die ersten Anmeldungen vor, kamen Eltern direkt auf das OK zu und fragten, was zum Schutz der Kinder unternommen wird. Auch Gruppenleiter*innen kamen mit dieser Frage auf uns zu. Sie suchten trotz absolvierter Fortbildungen Antworten auf ihre offenen Fragen.
Wie haben Sie auf diese Anfragen und auch auf die Unsicherheit reagiert?
Zu diesem Zeitpunkt hatte das OK bereits beschlossen, dem Thema mehr Gewicht zu geben. Es wurde ein Schutzkonzept mit Präventionsstandards erarbeitet. Darin wurde festgelegt, dass jede Person, die bei der Wallfahrt eine Leitungsfunktion übernimmt, eine Weiterbildung im Bereich Prävention sexueller Missbrauch vorweisen muss. Wer diese Weiterbildung noch nicht absolviert hat, musste in den vergangenen Wochen die Präventionsschulung der damp besuchen.
Was beinhalten diese Präventionsstandards?
Wir haben die Rahmenbedingungen für Personen mit direktem Kontakt zu Jugendlichen festgelegt. Diese Bedingungen gelten für alle Leitenden und Hilfsleitenden, die Guides und auch das OK. Bei den «Profis», den angestellten Personen, gehen wir davon aus, dass sie die Richtlinien der jeweiligen Bistümer erfüllen. Deshalb haben wir die Präventionsstandards auch den entsprechenden Kirchgemeinden zugestellt und sie daran erinnert, dass es auch in der Verantwortung der Pfarreien liegt, die Regeln einzuhalten.
Wie können Sie die Rahmenbedingungen bei den Ehrenamtlichen gewährleisten?
Alle Hilfsleitenden und Gruppenleitenden, die nicht bei der Kirche angestellt sind, mussten eine Präventionsschulung von vier Stunden absolvieren. Ausnahmen haben wir nur gemacht, wenn sie nachweisen konnten, dass sie eine gleichwertige oder bessere Ausbildung in diesem Bereich nachweisen konnten. Und hier erlebten wir eine kleine Überraschung.
Welche denn?
Wir haben damit gerechnet, dass sich Lehrerinnen und Lehrer, Menschen mit Berufen in der Gesundheitsbranche oder Pfadi- und Jublaleiterinnen und Leiter für die Schulung abmelden, da sie bereits eine Ausbildung zu diesem Thema besucht haben. Die Überraschung war, dass das nicht passiert ist. Gerade diejenigen mit den Ausbildungen waren am engagiertesten. Sie haben verstanden, wie wichtig dieses Thema ist.
Gab es negative Reaktionen?
Erstaunlicherweise keine. Wir hatten erwartet, dass es kritische Fragen geben würde, wenn wir die Gruppenleitenden, die Pfarreiverantwortlichen und die Eltern informieren. Dies war jedoch nicht der Fall. Alle sind zufrieden und auch froh, dass es klare Regeln gibt.
Wir haben ca. 50 Personen in drei Veranstaltungen geschult und stellen allen die neu entwickelten Materialien zum Thema Prävention zur Verfügung.
Gleichzeitig sind alle Regeln, alle Standards auf der Webseite der damp abrufbar. So wissen alle Eltern, was sie von den Leitenden erwarten können. Wir wollen uns an unseren Regeln messen lassen.
Was geschieht, wenn sich jemand nicht an die Regeln hält?
Es gibt eine Nulltoleranzstrategie und das meinen wir ernst. Verstösse gegen die festgelegten Standards führen zum Ausschluss. Unabhängig davon, wer die Verstösse begangen hat. Auch Pfarreileitende, die eine Gruppe begleiten, können heimgeschickt werden. Wir stehen zu den transparent gemachten Standards. Als wir die Standards und Verhaltensregeln vorgestellt haben, erlebten wir eine grosse Zustimmung.
Ich bin zuversichtlich, dass wir keine Disziplinarmassnahmen ergreifen müssen. Die Erfahrungen aus den Präventionsschulungen stimmen uns optimistisch.
Wann haben Sie ihre Ziele erreicht? Welches sind die Beurteilungskriterien?
Wenn alle Minis gesund, müde und sicher wieder in die Schweiz ankommen, haben wir unser Ziel erreicht. Sie sind voll mit positiven Erfahrungen und haben keine, die irgendwie «Bauchweh machen».
Die Internationale Romwallfahrt der Minis findet vom 27.7-3.8 statt. Die offizelle Reise wird von der damp (Deutschschweizer Arbeitsstelle für Ministrant*innenpastroral durchgeführt. Da die Reise sehr schnell ausgebucht war, sind auch selbstorganisierte Gruppen unterwegs.
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