Zurich Film Festival «Les Courageux» gewinnt den Filmpreis der Zürcher Kirchen
And the winner is.... «Les Courageux»! Am gestrigen Abend wurde der Filmpreis der Zürcher Kirchen verliehen. Das Rennen machte dieses Jahr der sozialkritische Film der Regisseurin Jasmin Gordon - ab März 2025 in den Kinos zu sehen. Ein Abend voller cineastischer Highlights und hier dessen Würdigung von Madeleine Stäubli-Roduner, Reformierte Kirche im Kanton Zürich.
Gesellschaftskritik statt Glamour, Sinnfragen statt Smalltalk – keine Frage, das ZFF hat das ernsthafte Genre auch ernsthaft etabliert. Dies ist einerseits seinem tiefsinnigen Direktor Christian Jungen geschuldet, der für die 20. Festival-Ausgabe die Charakter-Ikonen Kate Winslet und Richard Gere nach Zürich lud, andererseits den aktuell drängenden Nöten und Wirren, die sich kaum mehr schönreden lassen.
Dazu passt dann, dass Theodizee-Frage und Friedensthematik etwa auch in der Festrede von Daniel Rohr, dem Leiter des Theaters Rigiblick, im Folium Sihlcity einigen Raum einnehmen. So zieht der Theatermann, der als Konfirmand einst Pfarrer werden wollte, stimmige Parallelen zwischen Kirche und Bühne, zwischen Bergpredigt und griechischer Komödie, die ihre Friedensappelle mit je eigenen Ritualen formulierten, und zum starken Fazit: «Seit zweitausend Jahren rufen wir also »Stop the war«. Man könnte verzweifeln. Man könnte sagen: Und? Was hat es genützt? Aber ich frage Sie: Was wäre, wenn wir es nicht gerufen hätten?»
Zwischen Mut und Verzweiflung
Dazu passt auch die Ausrichtung des Schweizer Gewinnerfilms «Les Courageux», der - wie schon andere kirchlich ausgezeichnete Filme zuvor - Einblicke eröffnet in Leben und Leiden von Menschen, die eben nicht auf der Seite der Gewinner stehen. Wie das griechische Theaterstück «Der Frieden» von Aristophanes aus Daniel Rohrs Festrede enthält auch der filmische Beitrag der Schweiz-Amerikanerin Jasmin Gordon Elemente einer «comédie humaine», in der sich Protagonistinnen die Ungeheuerlichkeit herausnehmen, angesichts ihrer Verzweiflung über die Götter oder eben ihr Schicksal zu lachen.
Und auch zu weinen, denn Jule (charismatisch: Ophélia Kolb), alleinerziehende Mutter dreier Kinder, führt ein Leben am Rand der Existenz, prekär und schambesetzt. Von dort sind es – mit einem gerüttelten Mass an finanziellem Leidensdruck – lediglich einige kleine Schritte in die Illegalität, wo nackte Verzweiflung herrscht und jeder Ansatz eines Lächelns in der Kehle erstickt. Mit ihrer Not stellt sie sich als Einzelne vor die Gesellschaft und fordert diese heraus – wie in der griechischen Tragödie die Figur des Einzelsängers, der als Individuum aus dem Chor heraustritt und sich seines Schicksals bewusst wird.
Abwege und Irrfahrten
Mutig ist, wer sich wie Jule dem eigenen Ergehen in den Weg stellt. «Celui qui est courageux, est libre - Wer mutig ist, ist frei», wird sie dazu sagen, die Freiheitskämpferin im Namen ihrer Kinder, die ihrerseits jedoch die krummen Touren der verzweifelnden Frau zunehmend als abwegig erkennen. Jules Mut dreht durch, sie gerät auf Abwege, ihre in beklemmender Nahaufnahme erlebten Irrfahrten im Auto erinnern an ein Roadmovie, dessen Antihelden auf der mobilen Suche nach Freiheit desillusioniert im Nichts zu enden drohen. Das Nichts ist hier der Wald, der, refrainartig eingeblendet, den Windstössen trotzt und die der Gesellschaft entfremdete Jule schliesslich in sich birgt. «Das Leben ist komplex, die Natur ist einfach und erinnert daran, dass wir Menschen uns befreien können», sagt Regisseurin Jasmin Gordon, die mit ihrem filmischen Drama ermutigen will, sich selbst auch in Widrigkeiten treu zu bleiben.
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