Kirche aktuell

Weihbischof Peter Henrici SJ und die Ökumene in Zürich

Weihbischof Peter Henrici SJ und die Ökumene in Zürich
Leiter des aki, der katholischen Hochschulgemeinde
Franz-Xaver Hiestand
Franz-Xaver Hiestand
18. Januar 2019

Franz-Xaver Hiestand SJ würdigt das ökumenische Engagement von Weihbischof Peter Henrici SJ, dessen Erinnerungen in diesen Tagen unter dem Titel «Erlebte Kirche. Von Löwen über Rom nach Zürich» veröffentlicht werden.

Das Buch des 1928 in Zürich geborenen Jesuiten, der von 1960 bis 1993 als Professor in Rom lehrte, dann Weihbischof wurde und bis 2003 als Generalvikar für die Kantone Zürich und Glarus wirkte,  enthält Aufsätze und Reden, die er bereits früher veröffentlicht hat, aber auch etliche Beiträge, die bisher nicht publiziert wurden. Er widmet sein neues Werk ausdrücklich seinen «lebenden und verstorbenen Zürcher Freunden, die» ihm «geholfen haben, Kirche zu leben». Sicher gehört der Protestant Ruedi Reich zu ihnen, und damit auch die Ökumene.

Kirchliche Stimme in der Politik

Gegenwärtig wird debattiert, wie weit sich Kirchenleute politisch äussern sollen. Da wäre es aufschlussreich, zu erfahren, wie Peter Henrici sich heute zu seinen Aussagen stellt, die er im April 2005 gemacht hatte. Damals hatte er gesagt: «Ich bin der Meinung, dass die SVP die einzige Partei ist, die ein guter Christ nicht wählen kann.»

Als Grund für seine unmissverständliche Haltung führte er an, dass die Flüchtlings-, Asyl- und Ausländerpolitik der SVP «von einer absoluten Fremdenfeindlichkeit» geprägt und «deshalb zutiefst unchristlich» sei.

Darauf kommt er jedoch in seinem Buch nicht zurück. Heisst das, dass für ihn immer noch gilt, was er damals antwortete, als er gefragt wurde, ob er seine Aussagen präzisieren könne? – «Es ist alles gesagt», hat er damals den Fragenden beschieden.

Mutige Schritte in der Ökumene

Breiten Raum widmet Henrici in seinem Buch, das von Urban Fink herausgegeben wurde, hingegen der Ökumene mit der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich. Unverkennbar ist sie ihm ans Herz gewachsen. Er erinnert an den Einsatz von Protestanten und Katholiken für gemeinsame Projekte wie das Flughafenpfarramt, die Bahnhofkirche, die Neuordnung des Religionsunterrichts und das neue Zürcher Kirchengesetz.

Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang Henricis Verbundenheit mit der Theologischen Hochschule Chur, auch wenn der Autor sie nicht hervorstreicht. In der Dogmatik-Professorin Eva-Maria Faber besitzt diese Hochschule eine bedeutende Spezialistin für Fragen der Ökumene. Die Forschungen von ihr und ihren Kollegen hat Henrici geschützt und bestärkt, soweit es ihm möglich war.

Freundschaft mit Ruedi Reich

Sehr deutlich wird der Weihbischof hingegen in seinen Freundschaftsbekundungen gegenüber Ruedi Reich, dem früheren Kirchenratspräsidenten der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich. Unter den zahlreichen Begegnungen seiner Amtszeit als Generalvikar in Zürich seien die Begegnungen mit Reich «fast die häufigsten und jedenfalls die erfreulichsten» gewesen, schreibt er. Es scheint, dass sich Henrici, der sonst mit persönlichen Äusserungen sehr zurückhaltend ist, gerade im Raum einer ökumenischen Freundschaft vergleichsweise weit öffnet.

Er habe die Ökumene in Zürich stets mitgetragen und gefördert, habe vieles gesehen, aber bewusst weggehört und weggeschaut und habe niemandem in Zürich je die Teilnahme an der Eucharistie verweigert, sagt er 2003, nach einer gemeinsamen Veranstaltung mit Reich in Witikon.

Und sechs Jahre zuvor, am Bettag 1997, hatte er mit Reich den Ökumene-Brief veröffentlicht. Auf ihn ist er bis heute spürbar stolz: «Wir sollten vermehrt fragen, warum wir etwas nicht gemeinsam mit unserer Schwesterkirche unternehmen», heisst es da unter anderem. «Wenn wir uns in bestimmten Dingen noch für ein getrenntes Vorgehen entscheiden, müsste das begründet werden. Kooperation ist die Norm, Alleingang die Abweichung.» Solche Worte bleiben Vermächtnis und Aufgabe, gerade auch jetzt, am Anfang der Zürcher Reformationsfeierlichkeiten.

Orientierung an der Schrift

Nicht weniger wichtig ist Henricis Feststellung in seiner Predigt in Witikon am Reformationssonntag 1996. Da war er gefragt worden, was die Reformation den heutigen Katholikinnen und Katholiken zu geben und zu lehren habe. Er erwiderte: «Ich fürchte jedoch, dass es auch dem Konzil nicht gelungen ist, uns Katholiken jene unbedingte Liebe zur Schrift einzuimpfen, die Sie als Evangelisch-Reformierte auszeichnet oder auszeichnen sollte. So bleibt uns die gemeinsame Aufgabe, die Liebe zur Schrift, die Liebe zum Gotteswort und die Kenntnis dieses Gotteswortes mehr und mehr zu fördern und sie zum Angelpunkt unseres christlichen Lebens zu machen.» (Henrici: Erlebte Kirche, S.215.)

 

Franz-Xaver Hiestand SJ ist Leiter des aki (der katholischen Hochschulgemeinde) Zürich. Die Vernissage des Buches «Erlebte Kirche. Von Löwen über Rom nach Zürich» findet am 21. Januar, 19.15 Uhr, im aki statt.