Wechsel Leitung Dienststelle Stefan Arnold verlässt Behindertenseelsorge
Welches waren im Rückblick die wesentlichsten Entwicklungen in diesen Jahren?
Stefan Arnold: Als ich vor mehr als 11 Jahren gekommen bin, war klar: der vormalige Leiter Erich Jermann hatte die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung in den USA kennengelernt und es war eine strategische Vorgabe, in dieser Richtung der Inklusion zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt war die Behindertenseelsorge in verschiedene einzelne Gärtchen aufgeteilt, in welchen verschiedenste Gruppen unabhängig voneinander arbeiteten. Da gab es eine Seelsorge für die Gehörlosen, eine für die Schwerhörigen, eine für die Blinden und Sehbehinderten, eine für körperbehinderte Menschen und eine Seelsorge für Menschen mit einer intellektuellen oder Lernbehinderung.
In einem fast siebenjährigen Entwicklungsprozess war es meine Aufgabe, diese zu einem Gesamtteam zusammenzuführen, das miteinander unterwegs ist. Die Behindertenseelsorge wie wir sie heute kennen, wurde dann wie ein gemeinsames Dach über alles.
Gab es ein Projekt, das sich besonders gut entwickelt hat?
Ja, da denke ich an den Bereich der Pfarreiarbeit. Diese hat sich von einem Pensum von 40% zu einem mit 110% entwickelt, also fast verdreifacht. Die Projektarbeit «Hindernisfreie Kirchen» ist damit zu einem eigenständigen Bereich innerhalb der Behindertenseelsorge herangewachsen. Was uns auch gelungen ist: über all die Jahre Menschen mit Handicaps im Team zu integrieren.
Was gehört für Dich zu den schönsten Erlebnissen?
Das waren vor allem Begegnungen mit Menschen mit Behinderungen. Ich denke da an Gottesdienste im Wagerenhof Uster, in denen sie in einer solchen Innigkeit ihren Glauben an Gott ausgedrückt haben, dass es für mich als Seelsorger und alle Beteiligten zutiefst ergreifend war. Sehr dichte Begegnungen habe ich auch erlebt in den Ferienwochen im Jura, an Weekends oder bei der Wallfahrt nach Einsiedeln.
Die Behindertenseelsorge war auch an der Ausstellung Swiss Handicap präsent. Wie hat sie sich da einbringen können?
Die Swiss Handicap ist eine nationale Messe für Menschen mit und ohne Behinderung. Dort konnten wir die Behindertenseelsorge schon mehrfach einer grösseren Öffentlichkeit vorstellen. Spannend war, dass der Messerat auf uns zugekommen ist und gewünscht hat, dass ich als Mitglied unsere Kompetenz im Bereich Religion und Ethik einbringe. Das habe ich natürlich gern gemacht.
Was gehört zu den schwierigeren Erinnerungen?
Belastend waren vor allem Herausforderungen im personellen Bereich, die es, wie in anderen Teams, selbstverständlich auch bei der Behindertenseelsorge gibt. Wir mussten uns aus verschiedenen Gründen von Mitarbeitenden trennen. Und eine Mitarbeiterin ist auch gestorben.
Was hat dich bewogen, die Behindertenseelsorge zu verlassen und weiterzugehen?
Nach mehr als elf Jahren Führungsfunktion habe ich gespürt, dass ich wieder ein Tätigkeitsfeld suchen will, in welchem ich mich mehr den Menschen widmen kann und weniger administrative Aufgaben wahrnehmen muss. Gerade bei Anlässen und Feiern im Wagerenhof Uster habe ich jeweils realisiert, wie wenig ich noch direkt mit Menschen zu tun habe. Dies war der entscheidende Impuls, mich wieder stärker der Seelsorge zuzuwenden und eine neue Aufgabe zu suchen.
Wie wurde das Wirken der Behindertenseelsorge in den Pfarreien wahrgenommen?
Die Präsenz von uns als Behindertenseelsorge läuft über persönliche Kontakte und wird in vielen Pfarreien sehr geschätzt. Den Seelsorgenden vor Ort ist bewusst, dass Menschen mit Behinderung spirituelle Gradmesser sind und in einer Pfarrei einen spirituellen Reichtum bieten, dem man Raum geben muss. Besonders aufgefallen ist mir dies in einem «Mitenand-Gottesdienst», in welchem Gehörlose mitgewirkt haben. Die Art und Weise, wie Gehörlose das Evangelium mit Pantomime verkündet haben, hat auch Hörende zutiefst berührt und bewegt. Bis hin zu Tränen.
Unsere Aufgabe ist, vor Ort zu schauen, welche Ressourcen vorhanden sind und wie man diese sinnvoll einsetzen kann. Die Pfarreien können gar nicht alles selber leisten oder Konzepte umsetzen, die am Schreibtisch irgendwo entstanden sind.
Welchen Gedanken möchtest du uns zum Schluss noch mitgeben?
Mein grosses Anliegen war es, den Glauben konkret zu leben, deshalb steckt ja im Namen der Behindertenseelsorge bewusst auch die Seelsorge drin. Das bedeutet: Zusammen in der Bibel lesen und austauschen, miteinander singen und feiern. Einfach mit Menschen mit Behinderung zusammen Kirche sein.
Synodalrat und Generalvikar danken Stefan Arnold
«Ich bin Stefan Arnold sehr dankbar dafür, dass er die Dienststelle während seiner Zeit als Dienststellenleiter achtsam und aufmerksam auf die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung und seiner Mitarbeitenden geführt hat. Er hat die Stelle für den Weg in die Zukunft gut vorbereitet» anerkennt Vera Newec als Ressortverantwortliche des Synodalrates das Wirken des langjährigen Stellenleiters.
Generalvikar Luis Varandas wünscht ihm alles Gute im neuen Wirkungsfeld der Psychiatrieseelsorge und in der Pfarrei und freut sich, dass Stefan Arnold weiterhin im Dienst der Katholischen Kirche im Kanton Zürich als Seelsorger wirken wird.
Ab 1. März übernimmt Igor Lukenda die Leitung der Behindertenseelsorge.
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