Ruedi, herzliche Gratulation zum 60. Geburtstag!
Sein Arbeitsplatz ist auf der Strasse – und die war auch schon sein Zuhause. Wer in Zürich um den Bahnhof unterwegs ist, kennt ihn: Ruedi Kälin, Stadt-Original, Verkäufer des Strassenmagazins Surprise und engagiert für die sozialen Stadtrundgänge. Heute, am 20. September, feiert er seinen 60. Geburtstag. Ein Grund, ihm hier herzlich zu gratulieren.
Ein Anachronismus im pulsierenden Leben der Stadt
Ruedi Kälin ist eine Art Anachronismus, denn er hat das, was vielen von uns heute fehlt: Zeit. Er steht jeweils seelenruhig auf der Bahnhofbrücke zwischen Hauptbahnhof und Central, dort, wo das Leben hoch getaktet vorbeirauscht. Er steht einfach da. Mit dem Strassenmagazin „Surprise“ in der Hand. Immer wieder bleibt jemand stehen, wechselt mit ihm ein paar Worte, kauft ein Magazin ab und geht mit einem Lächeln weiter. Wer sich einen Moment Zeit nimmt, innezuhalten, entdeckt: Mit Ruedi Kälin lässt es sich vortrefflich über Gott und die Welt diskutieren. Ah ja: Und im Winter natürlich über Eishockey und seinen Lieblingsklub, den HCD.
Sozialer Stadtrundgang aus Sicht von Obdachlosen
Ruedi Kälin ist sozusagen zum Gesicht der Obdachlosen avanciert, obwohl er ein Zimmer hat und seit zwei Jahren über ein Bankkonto verfügt. Wie er das geschafft hat? Seit mehr als 15 Jahre steht er bei Wind und Wetter auf Brücken und in Fussgängerzonen, er weiss wie seine Kundschaft tickt, wann „Surprise“ sich gut verkauft und wann es harzt. Die NZZ hat ihn vor zwei Jahren angetroffen und ihn portraitiert.
Ich erinnere mich gern an den eindrücklichen sozialen Stadtrundgang mit Ruedi und seinem Kollegen Peter. In einem Blogbeitrag habe ich damals davon erzählt, wie sie uns Kirchenleuten damals an einem bissig kalten Tag durch Zürich geführt, erzählt und die Augen dafür geöffnet haben, wie Obdachlose in der Stadt leben. Das war eindrücklich und machte nachdenklich. Bis heute. Darum ist der 60. Geburtstag von Ruedi einen kleinen Blogbeitrag mit einer Gratulation wert.
Kommentare anzeigen