Persönliche Rückblicke Dank an Weihbischof Paul Vollmar
Franziska Driessen-Reding
«Danke, Paul, für alles»
Bischof Paul Vollmar überzeugte mich zum 25-Jahr Jubiläum der Synode im Jahr 2008, als ich gerade einmal ein Jahr Mitglied des Kirchenparlaments war: In seiner Predigt sprach er klar die grosse Kluft zwischen dem Bischof in Chur und dem Kirchenvolk an. Er sagte dies unverblümt und fand doch versöhnende Worte:
«Wir sind nicht bestimmter Menschen wegen in der Kirche, sondern Gottes wegen. Und darum dürfen wir uns um Gottes Willen nicht bestimmter Menschen wegen von der Kirche verabschieden. Das Evangelium Jesu Christi und seine Verkündigung in aller Welt sind wichtiger als Ärgernisse in der Kirche.»
Weihbischof Paul erlebte ich immer als äusserst authentischen Menschen, der seine Meinung kundtat und auch bei Gegenwind dazu stand. So freute es mich ganz besonders, dass seine Aussagen unserer Körperschaft gegenüber immer sehr wohlwollend, ja fast väterlich waren.
Jedes Jahr kam eine der persönlichsten Weihnachtskarten von Weihbischof Vollmar. Ein schönes Couvert, auch 2020 mit Schreibmaschine säuberlich angeschrieben, machte deutlich, dass jeder Gruss persönlich, keine Mühe zu gross war. Unterzeichnet hat er ebenfalls ganz persönlich und bescheiden mit „Dein Paul“.
Danke, Paul, für alles. Deine Franziska.
Franziska Driessen-Reding ist Präsidentin des Synodalrats der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.
René Zihlmann
Einheit in der Vielfalt
In Zürich kannte man Paul Vollmar vor allem als Rektor der Katholischen Schulen. Er war ein Mann des Dialogs, der sich sehr für seine Schulen engagierten. In unserer ersten Begegnung anfangs der 80er Jahre, wirkte er – ich staune heute darüber – trotz seiner sanften, fast seidigen Stimme, recht kämpferisch.
Als er dann Weihbischof und Generalvikar für Graubünden und später für die Innerschweiz wurde, pflegte er immer die Kontakte mit Zürich. 2003 kam er dann als Generalvikar nach Zürich und da begann dann die enge Zusammenarbeit mit der damaligen Zentralkommission (heute Synodalrat genannt). Er trat die Aufgabe auf leisen Sohlen an, voll Respekt gegenüber dem von seinem Vorgänger Peter Henrici Aufgebauten. Er sah die Zusammenarbeit mit der Zentralkommission, der Synode und den Laien ganz im Sinne des Paulinischen Bildes vom einen Leib mit vielen Gliedern. Das führte uns mit seiner Unterstützung zum neuen Logo mit der markanten Marke «Katholische Kirche im Kanton Zürich». Statt als Generalvikar oder als Zentralkommission aufzutreten, beides Begriffe, die für heutige Ohren schwer verständlich sind, konnte die Katholische Kirche einheitlich kommunizieren. Das war auch für ökumenisches Handeln und Auftreten ein Vorteil. Zur Ökumene sagte er in einem Interview «Man soll die Einheit in der Vielfalt sehen», ein Satz über den sich lange nachdenken lässt. Die Förderung der Zusammenarbeit war ihm auch innerkirchlich wichtig, nicht zuletzt diejenige mit den Dekanen.
Im Führungsstil von Bischof Paul kamen zwei Prinzipien zusammen: Das «Prinzip Dialog» und das «Prinzip Vertrauen». Und weil ich das wusste, spornte es mich an nach guten Lösungen zu suchen und keinesfalls sein Vertrauen zu missbrauchen. Und wenn er sagte «Du machst das schon recht …..», antwortete ich «ja, danke, aber Du musst in den grossen Zügen von der Lösung überzeugt sein« und dann kam es zum Dialog. Wenn es nötig war, konnte er auch unmissverständlich Klartext reden, z.B. was die damalige Situation in Chur betraf. Ein Begriff, der in unseren Gesprächen oft vorkam, war der des Gewissens: Die Kirche soll nicht alles vorschreiben sondern wo immer möglich dem einzelnen Menschen mit seiner Verantwortung seinem Gewissensentscheid überlassen.
Es ist jetzt nicht der Ort, um all seine Verdienst aufzuzählen. Aber noch ein Wort zur Zeit nach der Emeritierung: Im Vorhof der Certosa von Pavia hielt er vor ein paar Jahren im Freundeskreis einen eindrücklichen Vortrag über die Karthäuser. Als ich letzthin, mitten in der Corona-Zeit, mit ihm telefonierte, sagte er – und ein Augenzwinkern war spürbar – «Ich kann nur noch wenige Schritte gehen und übe das Alleinsein – eigentlich bin ich doch noch Karthäuser geworden».
Wir verlieren mit Paul einen sehr gläubigen, hoch sensiblen und zutiefst menschlichen Freund und Seelsorger.
René Zihlmann war zur Amtszeit von Weihbischof Paul Vollmar Präsident der Zentralkommission
Weihbischof Peter Henrici SJ
«Adieu, mein Zwillingsbischof»
Schon länger krank und mit mancherlei Gebresten behaftet, durfte Paul Vollmar als treuer Diener zu unserem auferstandenen Herrn und zu Seiner Mutter heimkehren. Einen besseren Zwillings-Weihbischof und menschlich und geistlichen Freund hätte ich mir gar nicht wünschen können. Und doch haben wir uns erst beim Antrittsbesuch bei Papst Johannes Paul II., zusammen mit Bischof Haas, kennen gelernt. Auch wenn wir uns vorher noch nie gesehen hatten, waren wir uns schon damals nicht fremd. Zum besseren Kennenlernen haben wir dann nach der Bischofsweihe eine gemeinsame Ferienwoche im Engadin verbracht. Angesichts der uns gemeinsam aufgetragenen Aufgabe verstanden wir uns schnell und gut, später oft ohne Worte. Mit der von Rom geforderten Amtseinsetzung als Generalvikare trat dann eine Aufgabenteilung ein, zunächst geographisch, später auch sachlich.
Paul hatte ein ausgesprochenes Charisma für Personenkenntnis und Personenführung; er ist fast ein Leben lang Spiritual gewesen. Mir lagen die strukturellen Fragen näher. So hat er unter der damaligen schwierigen Lage weit mehr gelitten als ich; überliess mir aber gerne die nötigen Schritte zu ihrer Behebung. In seinem Gebiet als Generalvikar – zuerst Graubünden und die Zentralschweiz, dann lange nur die Zentralschweiz, schliesslich als mein Nachfolger Zürich (das ihm persönlich viel vertrauter war als mir) und Glarus –, aber auch im Bischofsrat und in der Bischofskonferenz hat sich Bischof Paul immer wieder wirksam für Versöhnung und für die nötigen und möglichen Reformen eingesetzt. Er liess vieles geschehen und sah zu, bis er kategorisch sagen musste: «So nicht!» Dann gab es keine Diskussion mehr; denn dieses «So nicht!» war bei ihm zutiefst geistlich begründet. Dass einige seiner Anliegen unter Bischof Huonder wieder zu kurz kamen, gehört zur Tragik seines Lebens. Dennoch liess er es sich nicht nehmen, nach seiner Emeritierung in Zürich weiterzuwirken als Pfarreiseelsorger und als geistlicher Berater, getreu seinem bischöflichen Wahlspruch. «Was Er euch sagt, das tut.» Dafür, so dürfen wir hoffen, wird er nun seinen reichlich verdienten Lohn empfangen.
Peter Henrici und Paul Vollmar wurden gemeinsam vom Papst zu Weihbischöfen der Diözese Chur eingesetzt.
Monika Schmid
Mit Himmel und Erde verbunden
Bischof Paul Vollmar ist mir als schlichter Seelsorger begegnet. Ich erinnere mich an eine Dekanatsversammlung vor rund 15 Jahren, an der er anwesend war und die in unserer Pfarrei stattfand, damals noch im Saal der Josefskirche in Grafstal. Diese kleine Diaspora-Kirche ist die eigentliche Mutterkirche von St. Martin. Inzwischen ist sie als koptische Kirche zusätzlich der Mutter Maria und der Heiligen Verena geweiht. Ich war etwas früher vor Ort, um alles vorzubereiten. Auch Paul Vollmar kam frühzeitig und so ergab sich ein herzliches Gespräch. Er hatte keine Berührungsängste. Er fragte mich nach dem Leben in der Pfarrei und hörte interessiert zu. Nach und nach trudelten die andern ein und wir trafen uns in der Kirche zu einer Einstimmungsbesinnung, die ich in einer einfachen Art gestaltet hatte. Nach der Besinnung traf man sich im Saal zur Versammlung. Paul Vollmar wartete auf mich, um mir zu sagen, wie ihn die Besinnung berührt habe. Seine Worte taten gut. Beim Hinausgehen erklärte ich ihm, dass es für gehbehinderte Menschen schwierig sei, hier in die Kirche zu kommen, da die Kirche im ersten Stock, nur über die Treppe erreichbar sei. Da erklärte er mir, dass dies bewusst so gemacht wurde bei diesen Diaspora-Kirchen: Über dem Allerheiligsten soll nichts mehr sein, nur der Himmel!
Diese Begegnung, obwohl schon lange her, habe ich nie vergessen.
Möge er nun umfangen sein vom Himmel über dem Allerheiligsten, eingegangen in jene unendliche Liebe, die Himmel und Erde verbindet.
Monika Schmid, Pfarreiverantwortliche in der Pfarrei St. Martin, Illnau-Effretikon/ Lindau/Brütten, wirkte bereits unter Paul Vollmar als Seelsorgerin
Eine ausführliche Biografie des Verstorbenen finden Sie auf der Homepage des Bistums Chur.
Der Beerdigungsgottesdienst findet am Mittwoch, 5. Mai um 14.30 Uhr, in der Kirche Sainte-Thérèse, in Fribourg statt, anschliessend Beisetzung im engeren Kreis beim Grab der Marianistengemeinschaft auf dem Friedhof St. Léonard.
Der Dreissigste für Weihbischof Paul Vollmar wird am Samstag, 29. Mai 2021, um 13.00 Uhr, in der Pfarrkirche Heilig Geist, in Zürich-Höngg gefeiert.
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