Kirche aktuell

Zum Tode von P. Josef Bruhin SJ Erinnerung an einen mutigen Weggefährten

Willi Anderau

Der Kapuziner Willi Anderau arbeitete viele Jahre als Seelsorger in Zürich. Nach dem Wegzug der Kapuziner lebte er zunächst im Kloster Wesemlin in Luzern, heute im Kloster Rapperswil.

 
Willi Anderau
Der am 18. Oktober verstorbene Jesuit Josef Bruhin war eine prägende Persönlichkeit der katholischen Kirche Zürichs. Ein Hauptanliegen war ihm die Ökumene – wofür er auch gemassregelt wurde. Sein Freund und Mitstreiter Willi Anderau erinnert sich.
21. Oktober 2024

Josef Bruhin war nicht nur ein Motor im Spannungsfeld Kirche und Staat, sondern auch in der theoretischen und gelebten Ökumene. Mit einer sterilen Ökumene, die nur als Alibiübung herhalten muss, konnte Josef Bruhin wenig anfangen; er wollte die Ökumene glaubwürdig praktisch leben. Bis er eines Tages - nach Meinung der kirchlichen Autorität im Zürcher Generalvikariat und der Churer Bistumsleitung - den Bogen überspannte und zurückgepfiffen wurde – ihm drohte eine scharfe Kirchenstrafe.

Wir arbeiteten zusammen in einer Ökumene-Gruppe, er als Jesuit, ich als Kapuziner.

Ganz selbstverständlich vollzogen wir den Auftrag Jesu und gestalteten interkonfessionelle Abendmahlsfeiern. Das ging so lange gut, als wir zusammen mit gleich engagierten Frauen und Männern feierten, gewissermassen unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Wir glaubten den Zeichen und schönen Worten, die damals von verschiedenen Seiten, auch aus Rom, kamen. Wir dachten, die Zeit sei reif für einen weiteren Schritt. Wir wollten uns für unsere praktisch gelebte Ökumene nicht weiter verstecken und schämen.

Josef Bruhin und ich waren bereit, Zeichen zu setzen und zusammen mit den Brüdern und Schwestern aus der christkatholischen und reformierten Kirche öffentlich Abendmahl zu feiern. Dazu wurden auch die Medien eingeladen, um weitere Kreise für diese in Zürich selbstverständlich gelebte Ökumene zu gewinnen. Uns beiden war klar, dass wir uns dadurch sehr exponierten, aber die Sache war es uns wert. Nicht aber der Kirchenleitung.

Ultimativ wurden wir aufgefordert, die Feier abzusagen. Über uns drohte das Damoklesschwert eines künftigen «Zelebrationsverbotes», mit dem wir beide nicht länger als Priester hätten wirken dürfen.

Der Gegendruck von Seiten der Amtskirche wurde für uns beide unerträglich, so dass wir versprachen, an der Feier teilzunehmen, aber die Wandlungsworte nicht mitzusprechen. Das sollte aber erst an der Feier selbst, am 29. Juni 2013 in der Kirche in Gfenn, mitgeteilt werden. Die freudige Erwartung bei vielen Menschen an diesem Tag war riesengross, die Kirche gerammelt voll, vor der Kirche die Übertragungswagen der SRG und des deutschen Rundfunks. Und als dann mitgeteilt wurde, dass wir doch nicht zelebrierten, gab es Protestrufe, einige verliessen die Kirche, andere weinten; der Scherbenhaufen war angerichtet. Josef und ich konnten das Unverständnis der Menschen gut verstehen und teilen. Für Josef war das eine bittere Erfahrung, unter der er lange litt; dennoch, er ist drangeblieben.

Seither sind elf Jahre vergangen. Noch immer sind wir in der Ökumene keinen Schritt weiter. Josefs und mein Traum einer konfessionsübergreifenden Abendmahlsfeier ist noch immer Utopie. Josef, ich danke dir für dein hartnäckiges Engagement auf steinigem kirchlichem Boden. Du musstest gehen. Der steinige Boden ist geblieben – vorläufig noch.

Hier finden Sie den Nachruf der Jesuiten auf ihren Mitbruder Josef Bruhin.

 

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Foto: Website www.jesuiten.org