Auszeichnung für Frauen Ethikpreise für junge Forschende
Vorneweg. Die Jury konnte sich heuer bei den besten zwei eingereichten Bachelorarbeiten nicht entscheiden und setzte daher beide auf den ersten Platz, dotiert mit je 5‘000 Franken. Zwei weitere Abschlussarbeiten wurden mit 3‘000 und 2‘000 Franken prämiert.
Integration eritreischer Flüchtlinge
Die mit dem ersten Preis ausgezeichnete Bachelorarbeit «Möglichkeiten und Einschränkungen der arbeitsmarktlichen Integration eritreischer Flüchtlinge im Kanton Aargau» wurde von Selma Hadzic an der Zürcher Hochschule für Wirtschaft eingereicht (HWZ). «Das Hochinteressante», so Hanspeter Schmitt, Professor für Theologische Ethik an der Theologischen Hochschule Chur, «liegt in der Art und Weise, wie sie ihre Untersuchung anpackt. Sie vergleicht die bosnische Phase der 90er-Jahre mit den Erfahrungen und Bedürfnissen der eritreischen Menschen heute. … Sie macht das mittels qualifizierter Gespräche und einem aufwändig gestalteten Workshop.» Hadzic bringe all dies zusammen mit einem Überblick zur Migrationsgeschichte, mit rechtlichen Aspekten, Integrationstheorien und Zugängen zum inländischen Arbeitsmarkt. Die Arbeit mache dann konkrete Vorschläge für eine arbeitsbezogene Integrationspolitik des Kantons Aargau. Ihre Erkenntnisse, so die Hoffnung von Schmitt, möge Selma Hadzic doch bitte weiterhin in den politischen Diskurs einbringen.
Unterschiede bei der Integration
Ebenfalls mit dem ersten Preis bedacht wurde die Bachelorarbeit «Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Integration von Menschen mit einer körperlichen Behinderung in den 1. Arbeitsmarkt». Auch Saphir Ben Dakon hat ihre Abschlussarbeit an der Zürcher Hochschule für Wirtschaft (HWZ) eingereicht. «Ein erfreuliches Zeichen», so Alberto Bondolfi, Leiter des Institutes für Religionswissensschaft der Fondazione Bruno Kessler in Trento, «dass auch in wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen in unserem Kanton ethisch relevante Probleme nicht nur rein empirisch, sondern auch prinzipiell und normativ angegangen werden.» Ben Dakon’s Arbeit anerkenne, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Einstellung zur Integration behinderter Menschen gewandelt habe, dass in der Schweiz die Integration körperbehinderter Frauen in der Arbeitswelt aber immer noch zusätzlich erschwert sei. Auch für die Kirche, so Bonfadelli, stelle sich die Frage: «Was kann die Kirche für die Integration behinderter Menschen und vor allem behinderter Frauen konkret unternehmen?»
Ermessensspielräume in der Sozialhilfe
Die mit dem zweiten Platz ausgezeichnete Bachelorarbeit «Verwaltungsrechtliche Ermessensspielräume in der Sozialhilfe – Wenn Gesetze keine Antworten geben und Sozialarbeitende professionell handeln müssen» wurde von Simone Müller an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) eingereicht. «Die Arbeit von Simone Müller», so Bondolfi, «beschäftigt sich mit der vom Kanton und von den Gemeinden geleisteten Sozialhilfe. … Zu Recht betont sie, dass alle Mitarbeitenden der verschiedenen kantonalen und kommunalen Sozialdienste ihre Leistungen den Klienten gegenüber im Rahmen der bestehenden Gesetze erfüllen müssen.» Die Preisträgerin weise in ihrer Arbeit auf Engpässe und mangelnde Regulierung und auf Grundsätze wie Menschenwürde, Rechtsgleichheit, Wahrung von Treu und Glauben sowie das Recht auf Hilfe in Notlagen hin. Diese Grundsätze würden durch jede konkrete Sozialhilfeleistung konkretisiert.
Ökumenische Bildungslandschaft
Die von Selina Scheiwiller an der Fachhochschule Luzern eingereichte Bachelorarbeit «Analyse der Entwicklung und der aktuellen ökumenischen Bildungslandschaft in der Schweiz» wurde mit dem dritten Platz ausgezeichnet. «Der Titel», so Hanspeter Schmitt, «verrät die konkrete Frage, um die sich Selina Scheiwiller kümmert: Es ist die Struktur und Vernetzung ökumenischer Bildungsarbeit. … Vielleicht wissen Sie, dass es für diese Vernetzung die Anlaufstelle PLUSBILDUNG gibt, die als Verein organisiert ist.» Das alles kostet viel Geld, das von den Mitgliedern, vom Staat und aus kirchlichen Töpfen stammt. Der ethische Kern der Untersuchung liegt für Schmitt «in der Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit finanziellen Ressourcen. Das ethisch Geniale allerdings besteht darin, dass diese Frage sozusagen von unten her gestellt wird: Welchen Bedarf an Hilfe haben ökumenische Bildungsträger vor Ort, um ihre Aufgaben erfüllen zu können?»
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