Veronika Jehle zur Wandermedaille der Herbert-Haag Stiftung Für die Freiheit in der Kirche
Preise und Auszeichnungen sind meist mit Anerkennung verbunden. Vom Herbert-Haag-Preis für Freiheit in der Kirche wird auch gesagt, dass er Trost und Ermutigung für erlittene Verletzungen sein kann. Der Einsatz für Freiheit in der Kirche hatte und hat allzu oft einen hohen Preis. Die Wandermedaille vereint die Würde der Verleihung und die Bürde der Verpflichtung.
Weggabelung
Wie es auf langen Wegen so ist, gibt es immer wieder Weggabelungen und Herausforderungen, auf die man reagieren muss. So fand die Wandermedaille ihren Weg nach Greifensee. Mit Hella und Gregor Sodies gesellte sich ein Mann zu den Frauen, und weil die Preisträger die Medaille für ihre Art, Gemeinde synodal zu leben, erhielten, war für sie klar: Der Preis geht nicht an eine einzelne Person, sondern an eine lebendige Gemeinde, die beständig, ideenreich, hartnäckig, freimütig, widerständig und eigenverantwortlich innerhalb, am Rande und manchmal auch ausserhalb der kirchlichen Strukturen lebt.
Zürich als Hort der Innovation?
Mit Ausnahme der Stifterin der Medaille, Marta Brun, leben und wirken alle Preisträgerinnen in Zürich. Auf die Frage, warum gerade Zürich, antwortet Veronika Jehle: «Das hat sich so ergeben. Es zeigt aber auch, dass im Kanton Zürich innovative Menschen aktiv sind, die sich vernetzen und dranbleiben an einer menschenfreundlichen Kirche.». Nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land. Und auch im Bistum Chur. Das Bistum, dessen traditionalistische Haltung vor vielen Jahren ganz am Anfang des Wanderpreises stand. Als Martha Brun ihre Medaille für die loyale Opposition wieder in Umlauf brachte und damit den eingeschlagenen Weg weiter förderte.
Veronika Jehle war zum Zeitpunkt der Preisverleihung Spitalseelsorgerin in Winterthur. Mit verschiedenen Aktionen machte sie auf die Situation der Frauen in der Kirche aufmerksam. Dafür wurde sie mit der Wandermedaille der Herbert-Haag-Stiftung ausgezeichnet. Sie war es auch, die die heutigen Preisträger vorgeschlagen hat und die Medaille überreichen durfte.
Liebe Veronika
Für diejenigen, die wissen, was die Herbert-Haag-Stiftung ist, aber noch nicht viel über die Wandermedaille gehört oder gelesen haben. Was zeichnet sie aus und warum dürfen die ehemaligen Preisträgerinnen die Neuen aussuchen?
Veronika Jehle: Die Medaille soll alle vier Jahre an jüngere Frauen weitergereicht werden, die sich, so heisst es im Auftrag, im Einsatz für Freiheit in der Kirche verdient gemacht haben, widerständig und herausfordernd, hartnäckig und ideenreich, freimütig und eigenverantwortlich, innerhalb, am Rande oder auch ausserhalb der Strukturen der Kirche, sind.
An wen weitergegeben wird, soll die Preisträgerin aussuchen. Es gibt ein paar Vorgaben, z. B. dass immer eine Frau aus dem Frauenbund Zürich dabei sein muss. Aber es gibt viele Freiheiten. Und so haben Birgitta Biberstein und ich gemeinsam nach möglichen Preisträgerinnen gesucht.
Die Medaille ist auch eine Gelegenheit, Menschen zusammenzubringen und Dinge ins Schaufenster zu stellen, von denen die Beteiligten denken, dass sie eigentlich selbstverständlich sind. Was es von aussen betrachtet nicht immer ist.
Die Kriterien sagen, es soll eine junge Frau sein, die ... und jetzt ist es ein junges (für die Kirche) Ehepaar, das eine Pfarrei leitet und sie stellen nicht sich selbst in den Mittelpunkt des Preises, sondern die ganze Pfarrei. So war das aber nicht geplant?
Vielleicht nicht von Anfang an. Aber dass die Menschen im Zentrum der Arbeit stehen und nicht die Frau oder der Mann, das ist der Grund, warum die Medaille auf Reisen geht. Und mit der Pfarrei Greifensee stehen Menschen im Zentrum, die bereit sind, Synodalität zu leben und mit der Pfarreieitung werden zwei Menschen ausgezeichnet, die wissen, dass diese Synodalität nicht einfach ist, dass es harte Arbeit ist und dass es nur mit den Menschen geht und nicht von irgendwoher über die Köpfe hinweg.
Der Grund junge Frauen zu fördern, hat sich gewandelt. Heute ein Ehepaar und ihre Pfarrei und in vier Jahren, das was die heutigen Preisträger für so wichtig halten, dass sie Ermutigung aussprechen.
Wenn es an der Zeit ist, die Medaille zu verleihen. Wie geht man da vor. Es kommen doch sicher viele Menschen und Projekte zusammen?
Es ist tatsächlich so, dass man anfängt, Projekte und Namen aufzuschreiben, die einem einfallen. Das macht man nicht alleine. Ich habe das zusammen mit Birgitta Biberstein gemacht. Die heutigen Preisträger standen schon ganz am Anfang auf der Liste und je länger je mehr sind wir wieder auf sie zurückgekommen. Und als wir dann festgestellt haben, dass sie die Kriterien erfüllen, war klar, das wird es sein. Das sie die Pfarrei miteinbezogen haben und auch bei der Preisverleihung mit allen Menschen auf dem Weg waren, war dann nur noch die logische Bestätigung.
Wie wichtig ist es, dass der Preis ein Wanderpreis ist?
Sehr wichtig. Er zeigt die Beweglichkeit der Kirche. Eine Kirche, die viel zu oft ihre Unbeweglichkeit zeigt. Wie beim Wandern bringt sie Menschen zusammen, verbindet sie und lässt sie gemeinsam vorwärts gehen.
Der Preis will Bewegung stiften und dabei helfen sich dem Flow anzuvertrauen, den ein gemeinsamer Aufbruch mit sich bringt.
Welche Innovationskraft bringt der Preis den Preisträgerinnen?
Wohl am meisten, das er überrascht. Dass Menschen ihn bekommen, die ihre Arbeit gar nicht für preiswürdig halten. Das ist eine motivierende Überraschung. Und Motivation ist sehr wichtig für Innovation und Durchhaltevermögen.
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