Jugendliche und Corona Corona als Brennglas für psychische Probleme?
Um die psychische Gesundheit vieler Jugendlichen steht es nicht gut, und die Corona-Pandemie hat die schwierige Situation noch verschärft. So kann man die Berichterstattung der vergangenen Monate zusammenfassen. Bereits im November schreibt das BAG in einer Studie zum Einfluss der Pandemie auf die psychische Gesundheit, dass bei Kindern und Jugendlichen mittel- bis langfristige Auswirkungen befürchtet werden.
Laut Oliver Bilke-Hentsch, Präsident der Vereinigung kinder- und jugendpsychiatrischer Chefärzte der Schweiz, hat sich die Situation seit Oktober verschlechtert. So seien «alle Kliniken für Kinder und Jugendliche voll und zum grossen Teil überbelegt» (Tagesanzeiger, 28.1.21). Und auch Gregor Berger von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich zeichnet ein düsteres Bild. So habe der Lockdown auf hohem Niveau «einen Anstieg nicht nur bei den Depressionen, sondern auch bei anderen Störungen, etwa Angst oder Zwang» verursacht (Tagesanzeiger-Magazin, 20.3.21).
Wie geht es den Jugendlichen wirklich?
Die Stärkung der Jugendlichen ist die wichtigste Aufgabe der offenen und kirchlichen Jugendarbeit. Darum hat die Jugendseelsorge diese beunruhigenden Meldungen zum Anlass genommen, das Thema in einer Online-Veranstaltung aufzugreifen.
50 Teilnehmende haben sich mit den Fragen auseinandergesetzt:
- Wie geht es den Jugendlichen?
- Wie haben sich die Massnahmen rund um die Pandemie auf sie ausgewirkt?
- Und wie können die Jugendarbeitenden die Jugendlichen in dieser schwierigen Zeit unterstützen?
Mit Dr. Maria Teresa Diez Grieser konnten wir eine Referentin gewinnen, die Probleme und Stärken der Jugendlichen aus verschiedenen Perspektiven kennt. Als Psychotherapeutin berät sie in ihrer Praxis Eltern und bietet Einzeltherapien für Kinder und Jugendliche an. Zudem ist sie als Forschungsleiterin bei den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten des Kantons St. Gallen tätig.
Ein Plädoyer für die Jugendarbeit
So viel vorweg: Die oben zitierten Kernaussaugen hat Maria Teresa Diez Grieser bestätigt. Sie hat den Bogen aber noch weiter gespannt.
Die Adoleszenz sei an sich schon eine krisenanfällige Phase, in der sich die Jugendlichen mit verschiedenen Themen auseinandersetzen müssen:
- beispielsweise Ablösung von den Eltern,
- Emotionsregulierung oder Geschlechtsidentität.
Im Zusammenspiel mit Leistungsdruck, Disposition und / oder belastenden sozioökonomischen Rahmenbedingungen führt das dazu, dass bis zu einem Drittel der Jugendlichen von psychischen Störungen (Depression, Angststörung, Selbstverletzung) betroffen ist.
Und Corona macht das nicht besser: «Gerade auch bei Jugendlichen verstärkt die Pandemie die Problematik, weil der Zugang zu Schutzprozessen (Peers, Sport, aber auch Perspektiven) erschwert ist und die nötige Versorgung nicht immer gewährleistet werden kann.»
Es gab aber auch gute Nachrichten:
Vertraute, verlässliche und verfügbare Fachpersonen können die Jugendlichen unterstützen; mit transparenten Beziehungsangeboten, die sich an den Bedürfnissen der Jugendlichen orientieren und deren Grenzen respektieren.
Und das ist ein starkes Plädoyer für die (kirchliche) Jugendarbeit.
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