Kirche aktuell

Ein Jahr Bischof Joseph Maria Bonnemain Mit Charme und Römerkragen

Am 19. März ist Joseph Maria Bonnemain ein Jahr Bischof von Chur. Wie wird der Fitness-Fan als Oberhaupt der Katholikinnen und Katholiken im Bistum Chur wahrgenommen? Wie wirkt er auf Menschen auch ausserhalb der katholischen Kirche? Wir haben uns umgehört und nachgefragt.
18. März 2022 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Neuer Wind und feu sacré

«Mit Bischof Joseph Bonnemain weht, in meiner Wahrnehmung, ein spür- und sichtbarer, neuer Wind in der katholischen Kirche in Zürich und der Schweiz. Er schafft es durch seine Person, anstelle der gewohnten kühlen Distanz, Nähe zu zeigen. Sein spürbar tiefer Glaube hindert ihn nicht daran, die Kirche auf  für mich ungewohnte Weise zu reflektieren. Persönlich überrascht war ich in allen gemeinsamen Sendungen auch von seinem Humor, seiner Begeisterungsfähigkeit und seinem spürbaren feu sacré.»

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Claudia Steinmann, Chefredaktorin TeleZ. Foto zVg

Ein Zuhörendender mitten im Volk

«Als sich die Repräsentanten der verschiedenen Religionen Ende Februar 2022 im Grossmünster kurz nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine zum Gebet für Frieden, Solidarität und Gewaltlosigkeit trafen, sass Bischof Josef inmitten des übervollen Kirchenschiffs, zusammen mit der gesamten Bevölkerung aller Religionen und Kulturen. Er sagte nichts, er betete mit, er nahm Anteil am Leiden der Menschen. Für mich ein Sinnbild, wie ich Bischof Joseph erlebe: Als Bruder im Herrn inmitten der grossen Familie der Gotteskinder. Ein Sinnbild für die Zukunft: Ein Bischof, der mitten in seinem Kirchenvolk sitzt, zuhört, und auf Augenhöhe mit allen das Kirchesein und Christsein in der pluralen Gesellschaft gestaltet und leitet.»

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Christoph Sigrist, reformierter Pfarrer am Grossmünster Zürich. Foto zVg

Erwartung an Klarheit und Veränderungen

«Joseph ist Joseph geblieben, auch als Bischof – das freut mich. Jetzt müssten wir miteinander Veränderungen auf den Weg bringen: Unsere Anstellungsordnung müsste dringend upgedatet werden, sodass verbrieft und transparent niemand mehr diskriminiert werden kann, z.B. wegen der gelebten Sexualität. Die strukturelle Erstarrung nimmt vielen von uns die Luft zum Atmen – das kann auch Bischof Joseph nicht weglächeln. Es braucht öffentliche Klarheit: Ist er als Bischof dafür, dass Frauen in unserer Kirche gleichberechtigt werden und teilhaben an Leitung, Verantwortung und Macht? Oder ist er dagegen?»

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Veronika Jehle, Stv. Redaktionsleiterin beim Forum Pfarrblatt, Seelsorgerin am Kantonsspital Winterthur. Foto: Susi Lindig

Intelligent mit einer Prise Humor

«Wir haben vor Weihnachten die TV-Sendung CEO Talk mit Bischof Joseph Maria Bonnemain aufgenommen. Die Sendung kam bei unseren Zuschauerinnen und Zuschauern sehr gut an. Ich habe ihn als glaubwürdigen, aber auch als intelligenten Bischof mit einer angenehmen Prise Humor kennengelernt. Er ist bei den heiklen Themen wie Kirchenaustritte, Missbrauchsfälle, Probleme in seinem Bistum, welche ihn und die Kirche beschäftigen, nicht ausgewichen sondern hat ehrlich Stellung bezogen. Eindruck gemacht hat uns vor allem seine menschliche Seite: Man spürt, dass er von dem, was er spricht, tatsächlich überzeugt ist. Das verschafft ihm Glaubwürdigkeit. Auf seinem weiteren Weg wünsche ich ihm viel Erfolg und Überzeugungskraft.»

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Martin Spieler, TV-Moderator und unabhängiger Finanzexperte. Screenshot CEO-Talk

Versprechen einlösen

«Frühling passt als Metapher für den neuen Bischof. Frischgrün schlagen die Bäume aus - die letztes Jahr schon da standen. An der Buche sind keine Äpfel zu erwarten. Oder doch? Mich liess aufhorchen, wie Bischof Joseph Maria im letzten Seelsorgekapitel zur Umbenennung der Pastoralassistentinnen und Pastoralassistenten antwortete: Er möchte nicht allein entscheiden, sondern zusammen mit den neu zu konstituierenden Räten. Eine Abkehr von der Alleinherrschaft? Unsere Berufsbezeichnungen sind mir recht egal, nicht aber die Art des Zuhörens und der Entscheidfindung. Da muss der neue Bischof jetzt aber seine Versprechen einlösen.»

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Zeno Cavigelli, ehem. Synodalrat und Seelsorger i.R. Foto zVg

Offen für junge Menschen

«Ich habe Joseph Maria gerade hinsichtlich seiner Haltung bzw. Wertschätzung gegenüber jungen Menschen als sehr offen und zielstrebig erlebt. Wenn er sagt, dass ihm junge Menschen sehr wichtig sind und er sich keine Kirche ohne junge Menschen vorstellen kann, dann widerspiegelt sich dies in seinen Taten: Mit der Schaffung des Jugendrats haben Jugendliche und junge Erwachsene nun die Möglichkeit, sich auf diözesaner Ebene einzubringen und mit ihren Anliegen, Ideen und Visionen den Bischof und mit ihm die Bistumsleitung auf Augenhöhe zu beraten und zu unterstützen. Schön, dass Joseph Maria auf die Jugend setzt!»

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Claude Bachmann, Mitarbeiter Deutschschweizer Fachstelle für offene kirchliche Jugendarbeit und Assistent an der Theologischen Hochschule Chur. Foto: Oceana Galmarini

Festgefahrenes loslassen

«Mit der Talksession zum Start des Synodalen Prozesses und auch in seinen Wortmeldungen während dieser, betonte der Bischof, wie wichtig es ihm ist, zuzuhören und das Gegenüber wirklich zu verstehen. Ich fühle mich wohl, wenn Personen in Leitungsfunktionen dieses Mindset mitbringen und hoffe, dass dieses gegenseitiges Verständnis bewegt und hilft, festgefahrene Bilder und Strukturen immer wieder loszulassen und neu zu entdecken.»

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Manuel Ledergerber, Student und Teilnhemer Startschuss synodaler Prozess. Foto zVg

 

Hinweis: Am Sonntag, 20. März um 17.25 Uhr blickt SRF 1 in der Sendung «Cuntrasts» zurück: «Um den Frieden willen – Ein Jahr Bischof Joseph Maria Bonnemain». Der Film zeigt, wie sich die Atmosphäre verändert hat, wie er die Frauen und Jugendlichen integriert hat und er konfrontiert den Bischof mit brisanten Themen. Er zeige nicht immer Farbe, wird kritisiert – alles um des Friedens willen?

Der Katholische Mediendienst hat in die bereits veröffentlichte rätoromanische Fassung hineingeschaut und ein paar Stimmen, u.a. von Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding herausgefiltert. Hier der Link zum Artikel.

Einen Beitrag hat auch das Regionaljournal Zürich Schaffhausen realisiert (ab Minute 3:10). Nachzuhören hier.