Neue forum-Ausgabe Spurensuche in Genf, wo die Uhren anders ticken
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Verlässt man von Zürich herkommend nach mehrstündiger Zugfahrt den Gare de Cornavin, ist man auch schon mittendrin im bunten Treiben Genfs. Während die Gedanken bereits beim Jet d’Eau sind, den monumentalen Gebäuden des Bankenviertels und dem Luxus der Sterne-Hotels, steht man erstmal etwas verloren zwischen den Autos und öffentlichen Verkehrsmitteln, die sich gegenseitig den Platz streitig machen. Und man versucht, den Velos gleich, an die gegenüberliegende Strassenseite zu gelangen.
Denn dort steht – unaufdringlich, doch in neugotischer Pracht, die Basilique Notre-Dame, die römisch-katholische Hauptkirche der Stadt. Der Aufstieg zum Hauptportal ist kurz – im Inneren empfängt die Besucher wohltuende Ruhe.
Das Licht, das durch die farbigen Bleiglas-Fenster fällt, ist warm und gedämpft. Ein junges Paar erklärt sich gegenseitig die einzelnen Szenen. Vor der weissen Marienstatue betet eine ältere Frau. Eine Gruppe Männer zündet Kerzen an. So unterschiedlich die Sprachen, die zu hören sind, so unterschiedlich sind auch die Hautfarben.
Rund 300 Menschen besuchten die Basilique Notre-Dame täglich – 2000 aus über 160 verschiedenen Nationen seien es in den zahlreichen Gottesdiensten am Wochenende, erklärt Richard Batjom aus Kamerun. Seit 1988 arbeitet er hier nicht nur als Sakristan, sondern kümmert sich auch um die sozialen Anliegen der Frauen und Männer, für die der Alltag hart und schwierig ist.
Denn in Notre-Dame spiegelt sich nicht nur die multikulturelle Vielfalt von Genf, sondern auch die sozialen Unterschiede. Forscher des Cern und Uno-Funktionäre besuchen sie genauso wie Arbeits- oder Obdachlose. «Alle sind bei uns willkommen», betont Richard Batjom. «Unser Hauptanliegen aber ist es, ein offenes Ohr und eine hilfreiche Hand für Menschen in Schwierigkeiten zu haben, unabhängig von ihrem sozialen Status oder ihrer Religionszugehörigkeit.»
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