Tod auf dem Mittelmeer Aktion erinnert an 51.000 ertrunkene Flüchtlinge
«Auch das Unrecht, das so vielen Menschen auf der Flucht täglich erfahren, wollen wir beim Namen nennen. Der Titel unserer Aktion ist bewusst zweideutig gewählt.»
Unter dem Motto «Beim Namen nennen – über 51.000 Opfer der Festung Europa» werden auch im Zürcher Grossmünster und in der Wasserkirche am kommenden Wochenende 24 Stunden lang Namen verstorbener Flüchtlinge verlesen. Sie alle fanden auf dem Weg nach Europa - im Mittelmeer, in gefrorenen Wäldern, in Lagern und Gefängnissen - den Tod.
Erst gestern kamen weitere 78 Namen hinzu. Vor der griechischen Küste ging ein Boot unter. Die griechische Küstenwache geht von mehreren 100 Menschen aus, die noch nicht geborgen werden konnten.
Damit wirklich jeder von ihnen Erwähnung findet, müssen sich aber noch mehr freiwillige Leser finden. Im vergangenen Jahr musste die Lesung um 22.30 Uhr beendet werden, erinnert sich Albrecht. «Wir hoffen aber, dass sich bis Samstag noch genügend Menschen bereiterklären. Eventuell finden sich auch am Samstag noch spontan Leser, die auf unsere Aktion dank der Installation auf dem Grossmünsterplatz aufmerksam werden.» Alle Namen inklusive einer Beschreibung der Todesumstände wurden dafür von Hand auf Streifen geschrieben. «Da auch die Züri-Pride an diesem Wochenende durch die Stadt zieht, sind ohnehin viele Leute unterwegs. Das kommt uns sehr gelegen.»
Petition für Wiederaufnahme des Resettlement-Programms
Die Leseaktion ist einer der Höhepunkte des Aktionsmonats in Zürich. Seit Ende Mai schon wird im gesamten deutschsprachigen Raum in verschiedenen Veranstaltungen und Ausstellungen auf die dramatische Situation vor den Küsten Europas hingewiesen. 18 Städte sind daran beteiligt. Die Aktionen finden in Kooperation mit UNITED for Intercultural Action statt.
Den Abschluss in Zürich bildet dieses Wochenende mit der Verlesung der Namen ab Samstag, 10 Uhr und des interreligiösen Gottesdiensts zum Thema «Frauen auf der Flucht» am Sonntag um 10 Uhr ebenfalls im Grossmünster.
«Der Skandal, dass die EU-Politik - die die Schweiz mitträgt - zu so vielen Todesopfern führt, muss öffentlich gemacht werden. Mit dieser Aktion können wir gemeinsam aus der Ohnmacht herauszutreten, unserer Trauer und unserem Protest Ausdruck geben», sagt Mitinitiatorin Pfarrerin Verena Mühlethaler.
«Ich erhoffe mir, dass wir viele Menschen erreichen können, sie zu berühren, sensibilisieren und informieren. Es muss ein Umdenken geben, was unsere Haltung zu Geflüchteten betrifft.»
Ganz akut fordern die Organisatoren - darunter die youngCaritas Zürich - mittels einer Petition die Wiederaufnahme des Schweizer Resettlement-Programms. In dessen Rahmen werde seit 2013 unter Schirmherrschaft des UNHCR Umsiedlungen für besonders schutzbedürftige Menschen auf der Flucht organisiert. Die Schweiz hatte das Programm Ende des Jahres 2022 ausgesetzt. Die damalige Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP) hatte den Schritt mit ausgeschöpften Kapazitäten begründet. Der Vorstoss einer Wiederaufnahme ihrer Nachfolgerin Elisabeth Baume-Schneider (SP) war im Februar an einem Nein der Kantone gescheitert.
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