Kirche aktuell

Grusswort von Präsidentin Franziska Driessen-Reding 25 Jahre islamischer Dachverband VIOZ

Seit vor 25 Jahren in Zürich der islamische Dachverband VIOZ gegründet wurde, hat sich viel getan. Muslime gehören heute fest zu unserer Gesellschaft. Hier das Grusswort von Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding zum Festanlass vom 23. April.
23. April 2021 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Liebe Muslimische Freunde, liebe Teilnehmende an der Jubiläumsfeier

Ganz herzliche möchte ich Ihnen allen zum 25-Jahr-Jubiläum der VIOZ gratulieren. Eine Gemeinschaft kann nur bestehen, wenn nicht nur die Verantwortlichen, sondern alle Mitglieder mittun, helfen, unterstützen. So gebührt mein Dank eben auch allen Anwesenden und allen, die in irgendeiner Form am Gelingen beteiligt sind.

Schön, dass wir das heute mit Ihnen feiern dürfen, ich danke herzlich für die Einladung!

Muslimische Gemeinschaften müssen auch heute noch – und vielleicht sogar zunehmend mehr – um gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz ringen. Dies, obwohl Menschen muslimischen Glaubens statistisch gesehen längst eine relevante Grösse in unserer Gesellschaft darstellen. Sie als muslimische Gemeinschaft leiden oft darunter und wir alle dürfen uns mit dem Status quo nicht einfach abfinden.

Wir dürfen aber angesichts alter und auch immer wieder neuer Probleme nicht aus den Augen verlieren, was in den letzten Jahren alles erreicht wurde. Ich nenne nur die Stichworte Spitalseelsorge, Präsenz in Gefängnissen und Asylheimen, der interreligiöse Austausch am Runden Tisch, im Forum der Religionen, beim Zürcher Institut für interreligiösen Dialog ZIID. Gesellschaftliche Prozesse brauchen Zeit, aber wir kommen voran. Wir dürfen dankbar sein, dass wichtige Schritte gelungen sind. Ganz zentral dabei ist die Rolle ihres Verbandes, der VIOZ.

Katholische Parallelen

Wir Katholiken haben im Kanton Zürich eine ganz andere Geschichte – und doch sehe ich Parallelen: Wir durften uns nach der Reformation vor über 500 Jahren Jahrhunderte hier in Zürich nicht mehr treffen. Erst 1862 fand in Winterthur erstmals wieder ein offizieller katholischer Gottesdienst statt, 1868 wurde die erste Kirche eingeweiht.

In dieser Zeit wurde auch die erste Kirchgemeinde mit 114 Mitgliedern gegründet, 12 davon hatten das Bürgerrecht, die Übrigen waren sogenannte Niedergelassene. 1/3 hatten keinen Schweizer Pass. Die meisten Katholiken lebten erst kurze Zeit in Winterthur. Seit dem ersten Kirchengesetz, das 1863 verabschiedet wurde, dauerte es noch 100 Jahre, bis die römisch-katholische Kirche im Kanton Zürich eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wurde. Am 7. Juli 1963 war es soweit.

Bei der damaligen Volksabstimmung hat uns die reformierte Bevölkerungsmehrheit zum Durchbruch verholfen. Zu klein war die Katholikenzahl damals, als dass wir selbst eine Mehrheit hätten finden können. Was bedeutet das also für uns? Es bedeutet, dass wir Religionsgemeinschaften miteinander sehr gut unterwegs sein können, uns gegenseitig austauschen, unterstützen, viel voneinander wissen und also auch allfällige Vorurteile aus dem Weg räumen können.

Vorurteile: Wenn aus dem Vatikan Nachrichten kommen, wie z.B. zu den Frauenrechten, wird es weltweit diskutiert und oft auch kritisiert. Wir können hier in Zürich noch so gut arbeiten, den schlechten Ruf haben wir. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das Ihnen genauso geht. Wie gut sie auch arbeiten, immer und immer wieder sind sie der Kritik ausgesetzt und müssen sich rechtfertigen.

Überwindung von Vorurteilen

Das können wir gegen die vielfältige Vorurteile tun:

  • uns im Interreligiösen Dialog ständig austauschen
  • uns gegenseitig stützen und wertschätzen
  • Bildungsarbeit leisten – (der Unwissende wird böse, der Weise versteht) – damit auch Menschen, die nicht mehr religiös sind, verstehen, wie gut ein Glaube uns begleitet, uns führen kann.

Wir Katholiken sind dankbar, dass die Reformierten uns damals unterstützt haben. Diese Erfahrung verpflichtet uns aber auch. Wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten, auf unseren Pfründen, ausruhen, sondern stehen heute in der Verantwortung gegenüber den jüngeren Religionsgemeinschaften, die unter uns leben.

Wir alle sind Minderheiten

Wir haben als Katholiken einen langen Weg hin zur gesellschaftlichen Anerkennung und Akzeptanz hinter uns. Heute sind wir gefordert, neuen Gemeinschaften auf diesem Weg zu beraten, sie zu unterstützen und Türen zu öffnen. Die Verhältnisse haben sich aber auch grundlegend geändert. Es gibt heute keine «Mehrheitskonfession» mehr. Nur noch knapp die Hälfte der Bevölkerung bekennt sich zu einer christlichen Kirche. Ein immer weiter wachsender Teil bekennt sich zu gar keine Religion mehr. Deshalb sind wir alle in der säkularen Gesellschaft gemeinsam eine Minderheit. Das muss uns aber nicht ängstigen. Wenn wir gemeinsam und jede für sich in der eigenen Tradition Zeugnis ablegen von dem einen Gott, der die Menschen liebt, der verzeiht, der vereint und nicht trennt, vom Gott der Liebe und Barmherzigkeit und vom einen Gott, der auf der Seite der Armen und Fremden steht, dann haben wir alle auch in dieser modernen Welt eine wichtige Botschaft. Die Sehnsucht der Menschen nach dieser Botschaft bleibt. Es ist an uns allen, sie zu stillen.

 

Hier die Zugang zur Online-Jubiläumsfeier der VIOZ

Hier der Beitrag des interreligiösen Corona-Anlasses Kraftstoff aus der Moschee in Schlieren