150 Jahre Kirche St. Peter und Paul in Aussersihl «Kirche sein im Heute»
Viel zu schwierig die damaligen kirchlichen Zeiten. Die sind längst vergessen, die Konflikte Geschichte. Heute geht Kirchesein im Zentrum Zürichs nur noch in geschwisterlicher Nähe der verschiedenen christlichen Konfessionen.
Am Sonntag, 4. Februar, hat Bischof Joseph Bonnemain mit einem Festgottesdienst in der heutigen Zentrumspfarrei das Jubeljahr «150 Jahre Kirche St. Peter und Paul» eröffnet. Gleich zu Beginn seiner Predigt würdigte der Diözesanbischof die Menschen des kraftvollen Anfangs. Dabei stellte er besonders heraus, dass Migrantinnen und Migranten nicht nur heute wesentlich zum Charakter dieser Pfarrei beitragen, sondern auch an ihrem Anfang stehen:
«Dass wir heute hier – nach 150 Jahren – Eucharistie feiern können, verdanken wir mehreren Generationen von Christinnen und Christen, die sich vor uns eingesetzt haben. […] Ich denke besonders an die Pioniere der ersten Stunde – Ende des 19. Jahrhunderts. Es waren Katholikinnen und Katholiken, die meist von auswärts kamen und unentgeltlich, für Gotteslohn und freiwillig den Anfang von dem, was wir heute erleben und uns zur Verfügung steht, ermöglicht haben.»
Waren es damals vor allem Katholikinnen und Katholiken aus Italien und dem Tessin, feiern heute in St. Peter und Paul Menschen aus der ganzen Welt ihren Glauben.
Das Messgewand, das Bischof Joseph zum Gottesdienst trug, ist selbst ein Teil der Aussersihler Kirchengeschichte: Es wurde 1924 zum 50. Geburtstag der Kirche gefertigt.
150 Jahre sind kein Ruhekissen
Der Hauschor der Pfarrei, Cantus Peter und Paul, gestaltete zusammen mit dem Bläserquartett Züri Allegro und Martin Hobi, Professor für Kirchenmusik, an der Orgel unter der Gesamtleitung des Aussersihler Kirchenmusikers Udo Zimmermann den Gottesdienst musikalisch. Und dieser endete mit einer Überraschung – der Uraufführung der Geburtstagshymne «150 Jahre Kirche St. Peter und Paul - Kirchesein im Heute», komponiert von Zimmermann mit Texten des Pastoralassistenten von St. Peter und Paul, Martin Conrad.
Die Strophentexte lesen sich wie ein Pastoralplan für die Pfarrei zwischen Bahnhof- und Langstrasse:
«Kirche sein im Heute – von Gott getragen: Kinder, Alte, Männer, Frauen woll´n an einer Kirche bauen, die sich öffnet, nicht vermauert; alten Zeiten nicht nachtrauert. Die sich öffnet Jesu Botschaft, das Reich Gottes sucht und auch schafft, Alte, Junge fragt und zuhört. Ganz egal auch, wen wir lieben: Du Gott, bist uns treu geblieben. Grosser Gott, der Liebe ist.»
Worte, die verpflichten. Viel ist schon längst geschehen: Die soziale Arbeit hat in der Pfarrei einen hohen Stellenwert, «Incontro», der Verein der Langstrassenarbeit, erfährt finanzielle Unterstützung, die LGBTQI-Community feierte mehrere Male ihren Gottesdienst zur Gay Pride in der Aussersihler Kirche. Auch alte katholische Traditionen sind in St. Peter und Paul daheim – das Spektrum ist breit.
Aber natürlich gilt auch: 150 Jahre stolze Kirchengeschichte sind kein Ruhekissen. Die Kirche von 1874 – trotz aller Spaltungen und Konflikte auch eine Kirche der Neuanfänge – ist nicht mehr die Kirche im Jahr 2024. Und doch sind auch heute die Herausforderungen wieder – oder immer noch? - immens. Dann mal los: «Kirche sein, den Aufbruch wagen», wie es im Geburtstagslied heisst.
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