Interreligiöse Konferenz «Eine Menschheitsfamilie» Der revolutionäre Weg zum Frieden
Seit 1960 setzt sich die weltweite Fokolar-Bewegung für den Dialog der Religionen ein. Auch Buddhisten und Muslime sind Mitglieder. Diesen Sommer trafen sich Menschen aus verschiedenen Religionen zur internationalen Konferenz «Eine Menschheitsfamilie», die mit einer «Pilgerreise der Geschwisterlichkeit» nach Assisi zu Ende gegangen ist.
Die Konferenz begann Ende Mai beim Zentrum der Fokolar-Bewegung in Castel Gandolfo in Rom und erlebte ihren Höhepunkt bei einer Papst-Audienz im Juni. Papst Franziskus bezeichnete den von der Fokolar-Gründerin Chiara Lubich begonnenen interreligiösen Dialog als «einen revolutionären Weg, der so viel Gutes für die Kirche bringt».
Insgesamt haben 480 Personen aus 40 Ländern teilgenommen, 12 Sprachen waren vertreten. Aus der Schweiz waren elf Personen dabei, drei Christen und neun Muslime, darunter der Zürcher Rechtswissenschaftler und Dialog-Experte Ramazan Özgu. Er stellte einen Workshop vor, den Muslime und Juden gemeinsam in Schulen durchführen, um gegen Vorurteile und Hass vorzubeugen.
Begegnung verwandelt Polarisierungen
«Wir haben eine unglaubliche Präsenz des Göttlichen erfahren und uns als eine Familie erlebt», berichten Rita Moussallem und Antonio Salimbeni, die Koordinatoren des Zentrums für interreligiösen Dialog der Fokolar-Bewegung. «Gerade heute ist der Dialog notwendiger denn je. Wir haben über die Schritte gesprochen, die zum Aufbau des Friedens notwendig sind, aber der Schwerpunkt lag vor allem auf den konkreten Erfahrungen, die wir machen und die als Beispiele dienen können. Denn es ist immer die konkrete Begegnung mit Menschen, welche die vielen Polarisierungen in Beziehungen verwandelt.»
Kritisches Gewissen der Menschheit
Begegnung, Zuhören, Schritte der Versöhnung, Teilen des Leids der Völker haben die Konferenz gekennzeichnet, bei der sich von Experten geleitete Panels mit Dialoggruppen abgewechselt haben. Um internationale Politik und diplomatisches Handeln, Wirtschaft, künstliche Intelligenz und Umwelt drehten sich die Themen, die mit Blick auf den Frieden behandelt wurden. Zahlreiche Akademikerinnen und Experten aus vielen Kulturen, Religionen und beruflichen Kontexten nahmen teil.
«Die Religionen haben heute eine grundlegende Funktion», betonte Botschafter Pasquale Ferrara, Generaldirektor beim italienischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit. «Religionen können die Rolle des ‹kritischen Gewissens› der Menschheit spielen und sich an die Politik wenden, indem sie Prioritäten aufzeigen. Es braucht eine politische Vision; es ist nötig, sich die Zukunft dieses Planeten auf konstruktive, neue und kreative Weise vorzustellen. Wir müssen etwas pflegen, was in den internationalen Beziehungen derzeit fehlt, nämlich Vertrauen.»
Viele Programmpunkte waren persönlichen Zeugnissen, Projekten und Aktionen gewidmet, ausgerichtet auf eine bessere Zusammenarbeit von Menschen verschiedener Religionsgemeinschaften für den Frieden und auf die Linderung der Nöte ihrer jeweiligen Völker.
Audienz bei Papst Franziskus
Eine Delegation von 200 Teilnehmern wurde am 3. Juni von Papst Franziskus empfangen. In seiner Rede beschrieb er den von der Gründerin der Fokolar-Bewegung, Chiara Lubich, mit Menschen verschiedener Religionen begonnenen Weg als «einen revolutionären Weg, der so viel Gutes für die Kirche bringt.»
Die Grundlage, auf der diese Erfahrung basiert, sei die Liebe Gottes, die in der gegenseitigen Liebe, im Zuhören, im Vertrauen, in der gegenseitigen Aufnahme und im gegenseitigen Kennenlernen zum Ausdruck kommt, in voller Achtung der jeweiligen Identität.
«Wenn uns diese Worte einerseits tiefe Freude bereiten», kommentierte Margaret Karram, die Präsidentin der Fokolar-Bewegung, «fühlen wir uns andererseits verpflichtet, noch viel mehr für den Frieden zu tun. Deshalb wollen wir uns dafür einsetzen, die Kultur des Dialogs und der ‹Sorge› für Mensch und Schöpfung zu stärken und zu verbreiten. Der Papst hat uns dies bestätigt, als er sagte, dass der Dialog zwischen den Religionen eine notwendige Voraussetzung für den Frieden in der Welt sei. In schrecklich dunklen Zeiten wie diesen braucht die Menschheit einen gemeinsamen Raum, um der Hoffnung Substanz zu verleihen.»
Markus Moll, em. Pfarrer
Kommentare anzeigen