Kirche aktuell

Neue Ausgabe Pfarrblatt forum 34 × Weihnachten

Alle Jahre wieder – von 1991 bis 2024 – erschienen im Forum Beiträge zu Weihnachten. Eine Collage zwischen Abschied und Neustart.
19. Dezember 2024 Katholische Kirche im Kanton Zürich

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In der ersten Weihnachtsnummer des Forums 1991 schrieb der damalige Chefredaktor Giorgio Rimann: «Wen Weihnacht nicht im Innersten träfe, der ginge samt Glitzer, Gefühl, Kerzen, Musik und trefflich, auch kulinarisch stimmig gestalteter Festlichkeit am Eigentlichen vorbei. Und würde so verpassen, was eigenem Leben Sinn, Hoffnung, Geborgenheit trotz aller Widerwärtigkeiten tragfähig schenkt: dass Gott wirklich und trotz allem eine Schwäche für uns Menschen hat!» Und ein Jahr später fügte er hinzu: «Keine Weihnacht gleicht der andern. Jedes unserer Weihnachtsfeste ist eingebunden in das, was uns gerade beschäftigt.»

In dieser Haltung ist sich das Forum immer treu geblieben. «Alle Jahre wieder» bedeutete auch «Alle Jahre neu».


2008

Weihnachten international: Irak

«Weihnachten – da haben wir viel Besuch, und meine Mutter kocht meine Lieblingsspeise», schwärmt die 16-jährige Oraka aus Adliswil. Die Familie Dawoud stammt aus dem Nordirak, einem Dorf in der Ninive-Ebene. «Bei uns beginnt die Vorbereitung auf Weihnachten am 30. November», erzählt die Mutter. «An diesem Tag müssen alles Fleisch, alle Milch wie auch alle Eier, die man noch im Kühlschrank hat, gegessen werden.» Das grosse Resteessen wird aber als Dorffest zelebriert: «Man kocht alles, was man hat, und dann geht man von Familie zu Familie und isst zusammen», erinnert sich Rima Dawoud mit leuchtenden Augen. Anschliessend werde den ganzen Advent gefastet.

Am Weihnachtsessen, wie dies unter den Christen der mit Rom verbundenen Chaldäischen Kirche in ihrem Dorf üblich ist, halten die Dawouds fest. Mutter Rima fährt extra nach St. Gallen, um die nötigen Zutaten zu bekommen: Fleisch, Darm und Bauch vom Lamm und vom Schaf. An Weihnachten werden aus den Innereien Würste und Taschen gemacht. Diese werden mit Reis und Fleisch gefüllt und mit Faden zugenäht. Mit der Essenszubereitung geht der 24. Dezember vorüber, mit der Mitternachtsmesse beginnt das grosse Fest: «In unserem Dorf im Irak besucht man am Weihnachtsmorgen zuerst den Friedhof und bringt Blumen und Kerzen auf die Gräber. Man begleitet und tröstet die Familie, die als letzte jemanden begraben musste», sagt Rima. Dann besucht man sich gegenseitig. Überall gibt es Süssigkeiten, Kaffee und Tee. Dort, wo man um die Mittagszeit landet, gibt es die gekochte Weihnachtsmahlzeit. «Das ganze Dorf feiert zusammen, am Abend sitzt man noch lange beieinander, tanzt und singt», schwärmt Rima. Sie macht mit ihren drei Töchtern zusammen alles, um etwas von dieser gastfreundlichen Weihnachtsfreude auch in der Schweiz weiterleben zu lassen.

«Wir laden viele Familien ein», erzählt die 15-jährige Ornina. «Unsere Wohnstube ist dann ganz voll», schwärmt die zehnjährige Fareda. ­Allerdings mag sie das Weihnachtsessen nicht mehr, seit sie einen ganzen Schafskopf gesehen hat, der mitgekocht wurde. «Das ist nur für den Geschmack», erklärt die Mutter, «nachher nehmen wir den wieder raus.» Fareda kann sich als Einzige nicht mehr an Weihnachten im Irak erinnern, da sie ein Jahr alt war, als die Familie flüchten musste. Seit dem Irak-Krieg gibt es kaum mehr eine Zukunft für die Christen in ­ihrer Heimat. «Wir stehen dort zwischen allen Fronten, werden benachteiligt, bedroht und oft auch angegriffen», sagt die 15-jährige Ornina traurig. Sie hat sich der Organisation Christian Solidarity International CSI angeschlossen, um ihre Landsleute zu unterstützen.

Beatrix Ledergerber-Baumer


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2018: Der älteste noch fahrtüchtige Gelenktrolleybus wird in Winterthur zum rollenden Adventszimmer. Foto: Manuela Matt